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Kettenanhänger für Schützen

 
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Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #1
Hallo Forum!

Wir haben wieder mal einen Königsorden gemacht. Die Mittelplatte ist gegossen und wiegt 120 Gramm in Sterlingsilber. Habe das Ding eben aus der Form gepuhlt und vom Gips befreit und abgebeizt. Das Stück ist also noch vollkommen roh. Und so stelle ich es auch hier ein, damit die Forumsteilnehmer sehen können, wie so ein Zwischenprodukt aussieht. Ein Ausschnitt ist auf Millimeterpapier (Größenvergleich) aufgenommen worden. Man kann sehr schön sehen, wie exakt bereits selbst unbearbeitete Gussstücke ausfallen.
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Juwelfix
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Juwelfix

 ·  #2
Und Lunker sehe ich auch keine, so bekommt das nicht jede Gießerei hin. Gerade bei dem Gewicht.
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #3
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #4
Hallo zusammen!

Dieses Teil ist in der Tat vollkommen lunkerfrei. Darüber hinaus gibt es auch keinerlei Gasporen, worüber ich besonders glücklich bin. Erreicht wurde dies, durch zweierlei Maßnahmen: Um einen gesteuerten Kristallisationsprozess zu erreichen, habe ich die, wegen der Beschriftung besonders schwierig zu gießende Platte mit einer rundum laufenden "Heizung" versehen, die gleichzeitig dafür gesorgt hat, dass das Gussmetall so schnell und gleichmäßig wie möglich, verteilt wurde. Damit keine Lunker auftraten, musste dafür gesorgt werden, dass die Platte vom Mittelpunkt her auskristallisieren konnte und der Volumenverlust des Metalls bei der Änderung des Aggregatzustandes, durch eine außen liegende, heiße Versorgung sicher gestellt wurde.

Damit keine Gasblasen auftreten, habe ich die Schmelze auf 1150°C erhitzt (Ton-Graphit-Tiegel), da Flüssigkeiten immer in der Nähe ihres Erstarrungspunktes das meiste Gas aufzunehmen in der Lage sind. Die gebundenen Gase werden leider beim Kristallisationsprozess in Form von kleinen, runden Blasen ausgeschieden. Um dies zu vermeiden, gieße ich sehr heiß.

Verwendet habe ich eine gipsgebundene Einbettmasse mit Quarzmehl von <1my. Bei der verwendeten Gussmaschine handelt es sich um einen selbst gebauten, offenen Sauger ohne Überdruck-u.Schutzgasmöglichkeit. Das Vacuum habe ich auf Restdruck 100 mb eingestellt. Die Abkühlzeit betrug etwa 20 Minuten. Gegossen wurde durch Einfüllen mit der Hand aus dem Tiegel. Das gesamte Gussgewicht betrug 310 Gramm Silber, also nicht besonders ökonomisch. :-( Die Platte ist mattiert mit 50my Glasperlen, die Schrift wurde hochglanzpoliert. Rückseitig habe ich das Stück geeist.

Zum Modell: Gezeichnet wurde das Stück mit 'ArtCam Jewelsmith', auch die Brennesselblätter, das Schriftband wurde aus 1 mm Silberblech ausgesägt und angelötet. Die mit ArtCam erstellten Zeichnungen, wurden auf einer kleinen ROLAND- 4-achsigen Fräsmaschine aus blauem Feilwachs gefräst. Die gesamte Fräszeit betrug etwa 2,5 Stunden, incl. der drei Blätter. Aber es war dann doch noch einiges an Arbeit, bis das Teil geliefert werden konnte. Der Schützenkönig scharrte schon ungeduldig unter dem Tisch. Hat sich jedoch sehr gefreut ;-)

Hier noch mal ein Bild des gestern fertiggestellten Stückes, damit Ihr auch mal das Endergebnis seht. Der Entwurf kam vom Kunden, mit der Gestaltung habe ich in diesem Fall also wenig zu tun.
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zSchützenorden fertig Latum.jpg
Titel: zSchützenorden fertig Latum.jpg
Information: Sützenorden, Silber 925, Gesamtgewicht ca 130 Gramm, gefertigt in unsem Atelier
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #5
Hallo Ulrich, ein guter Guß, ohne Frage.
Auch die Idee das Silber beim schmelzen zu überhitzen ist nicht schlecht, denn das treibt viele gelöste Gase aus.
Zum Gussvorgang direkt, kann man ruhig das Silber wieder auf normale Gusstemperatur abkühlen, das schadet nicht und insbesondere massive Teile werden dann schneller in der Form auskristallisieren und im Guss etwas besser wenn er noch schwerer wäre.

Mit den kleinen Gusslunkern meinte ich die winzigen schwarzen Punkte zwischen und bei den Buchstaben auf der Grundplatte. Die lassen sich aber so gut wie nie bei dieser Form vermeiden und stören nicht so lange sie gut ausgewaschen werden.
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Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #6
Hallo Heinrich,

bedenke doch bitte, dass es sich hier um einen noch ganz rohen Guss handelt, der keineswegs den Anspruch erhebt, im Detail perfekt gereinigt zu sein. Immerhin sind durch die von Dir vorgenommene Manipulation meines Bildes (!), diese Dinge sichtbar geworden. Durch Abstrahlen mit Glasperlen, sind diese Unreinheiten jedoch fast alle weggeblasen worden. Zudem ist durch die lapidierte Oberfläche der Schrift und des Randes, das Augenmerk ohnehin woanders.

Eine Abkühlung der Schmelze hätte meiner Ansicht nach u.U. zwei negative Folgen möglich gemacht. A wäre das Lösungsvermögen für Gase extrem angestiegen und B hätte die Temperatur vielleicht nicht mehr ausgereicht, um bei den winzigen Buchstaben, eine 100%tige Schärfe im Kantenbereich zu erzeugen. Und mit dem Ergebnis kann ich ja durchaus zufrieden sein.

Vor einigen Wochen habe ich ein Ank-Kreuz gegossen, was das Doppelte wog. Auch dieses Teil war absolut fehlerfrei, obwohl der Guss wesentlich massiver als dieser angelegt war und durch glatte Flächen und Kurvenverläufe, sowie durch die Massenverteilung sicher nicht einfach war. Ich kann mein Rezept nur weiter empfehlen, die Ergebnisse sind absolut freundlich.

Nachtrag: Fast hätte ich was vergessen: Durch den schadfhaften Fräser wurden kleine Reste aus der Grundfläche regelrecht herausgerissen. Ich musste diese Stellen mit Wachs ausbessern und bestmöglich glätten. Bei den Punkten unter den a's bei Königspaar, handelt es sich um derartige Stellen, die jedoch wegen der Winzigkeit gelassen habe. anbei noch mal ein Bild einer reparierten Stelle. Da hatte der Fräser eine Lochreihe aus der Grundfläche gerissen. Mag auch sein, dass der Vorschub zu heftig war. Insgesamt jedoch kein Problem gewesen.
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Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #7
Hallo Ulrich, ich habe nur einen Ausschnitt des Bildes genommen und den Kontrast erhöht.

Die Lunkerchen waren winzig und durch abstrahlen werden sie in der Regel verdichtet und sind dann unsichtbar.

Verstehe mich nicht falsch, Dein Guss ist hervorragend und ich kritisiere ihn keinesfalls. Nur lassen sich bei solchen Formen mit der Schrift physikalische Vorgänge wie Schrumpfung bei der Kristallisation einfach nicht auf 0 reduzieren.

Die Temperatur bei solchen großen Güssen optimal einzustellen ist immer eine Näherungsarbeit. Ich wollte nur darauf hinweisen das die Temperaturen zum austreiben gelöster Gase nicht zwingend auch die optimalen Gießtemperaturen sind. Und wenn man den Ofen abschaltet und die Schmelze in Ruhe etwas abkühlen lässt, ist erneute Gasaufnahme marginal.
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Information: Nur um Missverständnisse zu vermeiden, ich habe ein paar von diesen Minilunkern rot eingekreist.
Tilo
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Tilo

 ·  #8
man hört förmlich die Luft knistern beim Fachgespräch um Qualitäten von Güssen ;-)
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #9
Och,Tilo weißt Du,

ich mache mir darüber keine Gedanken. Martin hat angeregt, dass auch zwei Meinungen nebeneinander Bestand haben sollten. So mach ich das halt. Friedlich wie ein Lämmchen, eben ganz und gar der liebe, unglaublich tolerante Ulli! :-)
Guestuser
 
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Guestuser

 ·  #10
ich finde das ergebnis toll
wenn ich bedenke, wieviel arbeit sowas auf die herkömmliche art machen würde mit aussägen und auflöten der buchstaben.....
wäre ja für derlei anwendungen unbezahlbar/unrentabel
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #11
Mario Sarto
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Mario Sarto

 ·  #12
Hallo Ulli - ein wirklich beeindruckendes Ergebnis!
Die Fräsergeschichte ist zwar doof - macht aber das fertige Stück nicht schlechter :-)

...hoffe, Du zeigst demnächst mehr davon!
Schula
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Schula

 ·  #13
Sehr beeindruckend, muss ich schon sagen!
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #14
Hallo Heinrich,

soeben finde ich auf der Werkbank meines Sohnes Wolfram, dieses Wachsmodell. Er hat es aus qualitätsbedingten Gründen noch einmal gemacht, weil sich in der Grundfläche kleine Löcher zeigen, die man hinterher leicht für Lunker halten kann. Da die zweite Platte die gleichen Fehler zeigte, haben wir dann doch damit leben müssen. Aber so haben wir halt ein Modell übrig.

Nun hab ich mir gedacht, dass sich diese Platte ja immer noch ganz trefflich als Versuchsobjekt eignet. Du wirst sie morgen im Hause haben, und wenn Du Zeit dazu findest und Lust hast Dich damit zu beschäftigen, würde es mich freuen, wenn Du beim Forentreffen am Rande der Inhorgenta, die Platte in Silber ausgegossen mitbringen würdest. Wenn nicht, ist es natürlichauch nicht schlimm.

Sollten sich von Dir Verbesserungen in der Gussqualität darstellen lassen, wirst Du ganz sicher eine begeisterte Runde vorfinden. Das Vergleichsmaterial bringe ich selbstverständlich mit.

Das Gebiet der schweren Silbergüsse ist nicht nur schwer, sondern auch schwierig. Vielleicht gelingt es Dir ja, einen bleibenden Beitrag zur Vebesserung dieses Bereiches zu leisten. Daran wäre ganz sicher jeder aus unserem Kreise interessiert.
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Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #15
Hallo Ulrich, ich stimme Dir absolut zu das solch eine Silberplatte äusserst schwierig zu gießen ist. Dein Guss war auch für die gestellte Aufgabe in sehr guter Qualität gegossen.
Die gefundenen Lunker sind auch nach meiner Meinung nach zu vernachlässigen und geringfügig. Nach meiner Meinung lässt sich gerade bei den steilwandigen Buchstaben und der Plattenstärke kaum ein besseres Ergebnis erzielen. Technisch habe ich dies auch mit der Physik begründet.
Ich habe schon befürchtet, das Du meinen Einwand als Kritik an Deiner Leistung interpretierst.
So war es nicht gemeint. Ich kenne aus meiner Zeit als ich eine Lohngiesserei betrieben habe, den unerfüllbaren Anspruch der Kunden immer lunkerfreie Güsse zu erhalten. Das ist bei vielen Formen schlichtweg technisch unmöglich oder nur mit unbezahlbarem Aufwand hinzubekommen.
Die erwähnte Physik ist schuld und da speziell das Faktum das Gold- und Silberkristalle etwas kleiner sind als die gleiche Menge im flüssigen Zustand.

Aber wem erzähle ich das, Du weist es ja auch.

Unabhängig davon freue ich mich auf ein Fachgespräch am Rande der Inhorgenta, ich kann dann Güsse in Silber mit Schrift ähnlich Deiner Platte mitbringen und würde mich gerne auch an Deiner Platte versuchen.

Nicht jedoch um Dir zu zeigen das ich es besser kann, sondern um neugierig auszuprobieren ob mit veränderten Parametern Verbesserungen zu erzielen sind.

Einige bleibende Beiträge zur Verbesserung von Güssen habe ich aus eigener Forschung und Entwicklung schon in den 80er Jahren geleistet und dies in Seminaren Veröffentlichungen publik gemacht. So ist z.B. die Gasaufnahme von Silber und Goldlegierungen in Abhängigkeit der Temperatur, die Du erwähnt hast, von mir explizit in meinem Seminar 1988 der Fachwelt, soweit ich weis, erstmalig auch mit beweiskräftiger Versuchsserie und einer Näherungskurve vorgestellt worden.
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Information: Eine kleine Schriftplatte in Silber gegossen und teilvergoldet, wurde aussortiert aus der Serie, nicht das Du denkst ich würde ohne Lunker giessen. :-)
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Information: Ein Medallion in Alubronze, nass gekratzt und entgratet nach dem Guss.
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Information: Ein Münze in Silber noch mit Angußkanal und Zapfen zum Speiser. Nach dem Guß nass gekratzt.
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