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Glühen - wann und weshalb ?

 
Vilabier
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Vilabier

 ·  #1
Hallo,

ich bin neu hier und hab gleich mal ein paar fragen :)

Ich bin Hobby-Goldschmied und gerade noch dabei, mich in die Grundlagen einzuarbeiten.

Wie der Titel schon sagt, würde ich gern wissen, wann man ein Schmuckstück glühen sollte ? Also ich hab das bisher so verstanden, dass man nach längerem schmieden glühen sollte, damit das Stück nicht spröde wird. Das heisst durch das Glühen ordnen sich die Kristalle in dem Metall neu und es wird wieder weicher ? Ist das soweit zutreffend ?

Wenn ich jetzt zB einen Ring herstellen möchte aus einem Stück Silberblech, sollte ich das Blech dann glühen, nachdem ich es in Ringform gebracht habe ? Oder ist das gar nicht nötig ? Oder gar unerwünscht, da das Metall dadurch eben weicher wird ?
Kornelia Sch
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Kornelia Sch

 ·  #2
Hallo Vilabier,

herzlich Willkommen im Forum :-)

Wenn Du den Ring soweit fertig hast und nur noch feilen und polieren willst, brauchst Du ihn nicht mehr zu glühen.
Wenn du ihn aber auf dem Ringriegel noch etwas größer machen willst, mußt Du ihn nochmal glühen.
Tilo
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Tilo

 ·  #3
nicht oder
wenn der Ring aus einem Blech gebogen und verlötet wurde, wurde er doch durchs Löten geglüht
und dadurch logisch wieder weich und kann dann noch geschmiedet werden
Silberfrau
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Silberfrau

 ·  #4
Durch Verformen werden die "Verbindungen" innerhalb des Materials "langgezogen" oder "plattgedrückt" und gehen dann nicht mehr so leicht weiterzuverforman, da das Metall dann an seine Grenzen kommt. Durch Ausglühen erhalten sie wieder eine annähernd"kugelige" Form und können von neuem verformt werden. Das "Wann" ist materialabhängig, als Faustregel: wenn man das Gefühl hat, man ist an der Grenze. Gefühl basiert auf Erfahrung. Je stärker das Material vorher umgeformt wurde, um so feinkörniger sollte nach dem Glühen das Gefüge sein.
Sparkle
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Sparkle

 ·  #5
Und das Abschrecken in Wasser nicht zu vergessen. Dadurch wird der Ordnungs-Zustand des Kristallgitters, der beim Glühen eintritt, sozusagen "eingefroren". Das ist besonders gut, wenn das Metall weiter berarbeitet/stark verformt werden soll. Das gilt für Gold und Silberlegierungen (außer Nickelweißgold, welches man an der Luft abkühlen lässt, was mal der Vollständigkeit halber hier erwähnt wird. Weißgold grundsätzlich nicht auf Kohle glühen oder löten!).
Vilabier
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Vilabier

 ·  #6
Das ging ja schnell, danke für die vielen Antworten !

@ Sparkle : wieso sollte man Weißgold nicht auf kohle glühen oder löten ? Das wusste ich noch nicht.
Sparkle
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Sparkle

 ·  #7
Weißgold, egal ob mit Palladium oder Nickel, mag überhaupt keinen Schwefel. Und der ist wohl in der Kohle reichlich vorhanden. Ich kenne es auch nur aus der Theorie und habe mich gleich daran gehalten. Das Weißgold wird sonst wohl brüchig. Weißgold soll daher auf anderen Unterlagen gelötet werden, ich hab dann die Lochkeramikplatte oder Scamplatte dafür benutzt und als Beize allerdings Vitrex, da ich keine andere habe (gut, Zitronensäure würde vielleicht auch gehen?).
Palladiumweißgold habe ich ohne Nachteile abgeschreckt. Nickelweißgold soll aber langsam abkühlen, in der Literatur heißt es, auf einer Stahlunterlage löten und dann einfach liegenlassen, da der Stahl die Löthitze speichert und nur langsam mit dem Werkstück dann abkühlt.

Ich kenn jemand, der hat alles Weißgold trotzdem auf Kohle gelötet. Reklamationen kamen keine, aber ich würde es nicht machen.
Vilabier
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Vilabier

 ·  #8
ok, danke für den Tipp !

um noch mal zum glühen zurückzukommen : Tilo hat geschrieben, wenn der Ring gelötet wird, wird er durchs löten geglüht, aber das ist doch das gleiche oder ? also beim löten wird er doch nicht so heiss wie beim glühen ?
Sparkle
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Sparkle

 ·  #9
Na ja, man soll ja das Werkstück gleichmäßig erhitzen beim Löten und am Schluss, wenn das Lot fließen soll, bleibt man mit der Flamme an der Fuge.
Beim Glühen soll man das Metall ja nicht bis zur Weißglut bringen sondern langsam bis dunkel oder auch Kirschrot genannter Farbe glühen. Da das beim Löten durchaus vergleichbar ist, gilt auch das Löten als "Glühen". Der Vorgang ist also grob formuliert, der Gleiche.
Also beim Ring: Wenn er etwas kleiner gemacht ist, als die Endgröße sein soll (bei Silber ca. 1-2 Nummern, je nach Dicke) lötest Du die Fuge, schreckst ab, versäuberste die Lotfuge und schmiedest/richtest auf dem Riegel bis das Endmaß fast erreicht ist, brauchst ja noch etwas Luft zum innen ausfeilen, schleifen und polieren- fertig.
Vilabier
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Vilabier

 ·  #10
ok und gilt das auch für Gold oder nur für Silber ?
Sparkle
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Sparkle

 ·  #11
Meinst Du den Glüh = Lötvorgang? AW. Ja gilt bei Gold und Silber, da gehts ja vorrangig um die Art der Hitzezufuhr, Gold und auch Silber muß, je nach dem, was man erzielen will, rekristallisiert= weichgeglüht werden oder gehärtet werden durch Umformung/Schmieden.

Bezogen auf Maßunterschreitung bei Ringen: Silber geht noch ordentlich in die Länge, wenns in weichem Zustand geschmiedet wird. Darum geht bei kräftigen Stärken 2 Nr. unter Maß oder bei dünnen Stärken (trotzdem nicht unter 1 mm!) eine Nummer unter Maß. Wobei man das nicht 100%ig pauschalieren kann, da brauchts etwas Übung, Erfahrung, wie sich das Metall verhält.

Goldlegierungen sind widerum etwas anders im Verhalten, sie dehnen sich beim Rundriegeln nicht so extrem wie Silber. Da können 2 Nr. Untermaß leicht zuviel sein. Ist auch ein Unterschied, ob Du eine kräftige 750/- Schiene hast oder eine knackharte 585/- Legierung. Das mußt Du ausprobieren. Immer im Verhältnis gesehen zur Ringstärke, ob die nur wenig schmieden zuläßt, weil sonst zuviel abgefeilt werden muß oder ob Du genug Zugabe hast, um mal kräftig zu kloppen.


Zum Zurichten und Vorbereiten von Metall an sich: Wenn Du walzen, ziehen, also stark umformen mußt, z.B. dickes Blech gegossen, was dünn gewalzt werden soll, da gibts eine kleine Regel: Je höher der Feingehalt, desto mehr muß umgeformt/bearbeitet werden bis man dann Glühen soll. Beispiel (bezogen auf gelungenem Guß oder einwandfreies/porenfreies Halbzeug): 750/- GG soll man mehr "quälen" also mind. 50 bis 70% Querschnittsverformung, da kommt von Silberfrau erwähntes "Gefühl" ins Spiel, bis man wieder glüht und dann weiter verformt. Bei 585/- GG siehts anders aus, da muß man schon nach weniger Umformung glühen, da es weniger elastisch ist und z.B. beim Walzen schneller der Blechrand Risse aufweisen kann. Alles eine Erfahrungs und vor allem Gefühlssache, wie weit man da gehen kann bis Glühen fällig ist. Und dabei eine Überhitzung vermeiden, sonst hast Du bei Goldlegierungen mit Kupferanteil auch noch rote Flecken im Blech, gar nicht gut.
Vilabier
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Vilabier

 ·  #12
Ja, ich meinte den Glüh = Lötvorgang. Jedenfalls vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort !

Hab auch noch eine Frage zu dem Löten, respektive zu dem Lot, man spricht ja von Hart-, Mittel- oder Weichlot, bezieht sich das eigentlich tatsächlich auch auf die Härte des Materials oder geht es dabei nur um die Schmelztemperatur ?

Und ich will dich ja nicht überbeanspruchen aber kannst du mir eventuell auch noch eine Empfehlung zum Flussmittel geben ? Also ich weiß, dass es da eine ganze Reihe von Produkten gibt, mit zum Teil leicht unterschiedlichen Anwendungsgebieten aber gibt es eins das sich einigermaßen gut für alles eignet ?
Tilo
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Tilo

 ·  #13
hart etc meint Schmelzbereich der Lote
ich nehme im Zweifel Fluoron für alles, weil Brazetech h so bläht, obwohl h bei Silber besser funktioniert als fluoron
Sparkle
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Sparkle

 ·  #14
Dem ist nix hinzuzufügen. Kurz und knackig.
Vilabier
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Vilabier

 ·  #15
ok vielen Dank nochmal !
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