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ich krieg es einfach nicht in den griff...

 
horsthorst
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horsthorst

 ·  #1
... diesen blöden lunker!

hab jetzt schon 9 versuche unternommen, einen runden schlichten Anhänger aus bronze zu gießen. 20mm durchmesser, 2mm stark. aber die lunker (außenlunker; zumindest halte ich die krater für solche) sind einfach nicht akzeptabel. was mach ich nur falsch?
küvettentemperatur 500 grad, metall 960 grad. auf die flache rückseite des anhängers habe ich im wachszustand eine kugel mit ca. 1 cm durchmesser draufgesetzt, die als speiser dienen soll.
so habe ich es zum beispiel auch im seminar von heinrich butschal gelesen... müsste daher doch eigentlich klappen?! ich glaube auch nicht.

also bitte helft mir!

vielen lieben dank!!!!
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #2
Bilder und Zeichnungen können helfen das Problem zu analysieren.

Das Seminar von mir ist weder als Anfängerkurs geeignet noch als Fernlehrgang.
Es ist Begleitliteratur für ein Seminar für Profis.

Trotzdem kann es hilfreich sein wenn schon Vorkenntnisse bestehen.
horsthorst
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horsthorst

 ·  #3
ich war wohl auf dem holzweg. es handelt sich nicht um lunker, sondern um gaseinschlüsse. das gibt dem ganzen nun eine andere richtung. muss ich dann an meinem aufbau etwas ändern? bisher: 5mm angußstift zentral auf die rückseite des anhängers, oben den trichter. sieht aus, wie ein umgedrehter runder tisch...
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #4
horsthorst
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horsthorst

 ·  #5
ich bin bei zwei juwelieren gewesen, die den fehler als gasblasen erkannten. sie sagten mir auch, dass ich das gußteil senkrecht aufstellen sollte.
wie kann ich denn den gußvorgang ändern? und welches metall wäre das richtige? ich benutze glockenbronze, nur zinn und cu, sonst nichts.
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #6
Nicht den Gussvorgang sondern den Schmelzvorgang ändern. Und die Bronze enthält zumindest zum Zeitpunkt des Eingiessens gelöste Gase. Woher die kommen kann man nur nach entsprechender Analyse feststellen.

In den letzten Kapiteln der Seminarunterlagen gehe ich darauf ein.

Kapitel 14
Gasaufnahme der Legierungen

1. Gasporen

Im Gegensatz zu Lunkern, die abhängig vom Aufbau der Bäume, der Form der Stücke und der Volumenänderung sind, haben Gasporen im Guss nur sehr wenig mit der Form zu tun. Die Form hat mit den Gusstemperaturen nur Einfluss auf die räumliche Verteilung von Gasporen.

Der stark poröse Guss

Zuerst sollten wir uns zur Vereinfachung vorstellen, dass flüssige Schmuckgussmetalle sich verhalten wie Wasser und der feste Zustand dem Eis entspricht.
Wasser hat die Fähigkeit bei niedrigen Temperaturen ohne Volumenzunahme Gase gelöst zu halten. Diese Gase extrahiert können ein erhebliches Volumen haben. Daher können Fische im Wasser atmen (gelöster Sauerstoff im Wasser) und mit einer einfachen CO²-Patrone lässt sich im Heimsiphon Mineralwasser herstellen.

Wenn nun dieses Wasser, dem die gelösten Gase kaum oder gar nicht anzusehen sind, gefroren wird (dies entspricht dem Kristallisationsvorgang beim hart werden des Gusses), werden diese Gase, die in dem neuen Kristallgitter keinen Platz mehr haben, frei.

Da aber die Abkühlung an der Außenhaut zuerst erfolgt, diese dadurch fest und dicht wird, können die gefangenen Gase nicht entweichen, sie bilden kleine Ballons und blähen die Form auf.
Beim Mineralwasser im Eiswürfelfach gehen sie wie Kuchenformen aus Schaum in die Höhe.
Beim Guss pressen sie das Gold an die Außenform, die dadurch hervorragend glatt und glänzend werden kann sowie den Überschuss in den Hauptkanal und Eingusskegel.

Man kann diesen Effekt gut an zwei Dingen erkennen:

a) Der Gusskopf ist nicht glatt und eingesunken, sondern hochgewölbt und hat zusätzlich unregelmäßige Buckel auf der Oberfläche.



b) Die Gussteile, oder der gesamte Guss hat ein deutlich geringeres spezifisches Gewicht als es einer dichten Legierung entspricht.
Wenn man das Gussbäumchen in Wachs genau wiegt und danach das benötigte Metall mit kleinem Gusskopf berechnet, kann man einen stark porösen Guss am vergrößerten Gusskopf erkennen.


Der vollständig porenfreie Guss

Nehmen wir den Fall an, die flüssige Legierung sei vollständig gasfrei. Nach dem Guss lässt sich solch ein Guss an der deutliche Einsenkung des Gusskopfes erkennen. Hier entsteht nach dem Füllen der Form und dem Beginn der Kristallisation ein starkes Metalldefizit das für unterschiedliche Effekte sorgt:


a)
Große Lunker an den dicksten Stellen, von denen bei hohen Gießtemperaturen sogar einige bis an die Oberfläche reichen können. Die Schmuckstücke sind dann davon betroffen wenn nicht konsequent die Angüsse an die dicksten Stellen verlegt worden sind und Speiser oder Gusskanäle zu dünn sind.

b)
Wenn Fließmittel (Zink, Magnesium, AC) fehlen entstehen nadelige Hohlräume zwischen den Kristallen. Beim polieren entsteht immer eine matt-körnige Oberfläche. Echter Hochglanz ist nur schwer herstellbar.

c)
Bei zu hohen Temperaturen und ausreichend Zusatz an Fließmitteln (insbesondere Aluminium, Magnesium und AC) entstehen an Oberflächen der dickeren Gussteile, die von Speisern unterversorgt sind, halbkugelförmige Einsenkungen. Immerhin sind diese Einsenkungen, die durch Metalldefizit beim Kristallisieren entstehen deutlich weniger tief als Lunker, die bei sonst gleichen Bedingungen ohne Fließmittelzusatz entstanden wären.
Nach kräftigem Abfeilen der Schadstellen ist aber solch ein Guss völlig dicht.




Vermieden können diese Fehler aber durch klugen Aufbau der Bäume sowie passende, sprich niedrige Temperaturen.


Der geringfügig poröse Guss

Erkennbar ist dieser Guss schon am Gusskopf, dessen Oberfläche gerade und plan ist.





Da Legierungen schon beim Schmelzen sehr schnell Gase in sich aufnehmen und meist Gusskanäle zu frischem Gussgold (das allerdings auch unterschiedliche Gasinhalte hat) zusammengeschmolzen wird, haben fast alle Güsse einen geringen Gasinhalt.
Bei günstigen Voraussetzungen kann das freiwerdende Gas gerade das Volumendefizit durch Kristallisation ersetzen.
Wenn jetzt die Küvette nicht zu heiß ist und das Gussgold oder -silber in der Form an der Oberfläche schnell erkaltet und die Gasporen in den Kern des Gussstückes abgibt erhält man für die Praxis recht gute, brauchbare Güsse.
So lange man diese Güsse nicht stark anfeilt treten die Poren auch nicht zutage.

Dies ist der Grund dafür dass, selbst wenn Kanäle zu dünn und falsch plaziert sind, man so häufig mit geringstem Aufwand und zur Not ohne Sachkenntnis gute Güsse produzieren kann.

Trotz des höheren Aufwandes ist aber prinzipiell der vollständig porenfreie Guss anzustreben. Neben der Konstruktion der Bäume, die hier mit gutem Grund einen breiten Raum eingenommen hat muss als nächstes das Problem des Entgasens und Vermeiden von neuerer Gasaufnahme gelöst werden.



2. Gaslösefähigkeit

Gelöst werden in den Schmuckgusslegierungen Kohlendioxyd, Sauerstoff und Stickstoff auf jeden Fall, am stärksten jedoch Wasserstoff. Insofern hat deswegen keinen Sinn Stickstoffschutzgas zu verwenden. Möglicherweise werden schwere Edelgase nicht in so starkem Maße oder gar nicht gelöst. Dafür sprechen positive Erfahrungen von Gießern.

Interessant war festzustellen dass die Fähigkeit Gase zu lösen nicht nur unterschiedlich bei den Aggregatszuständen fest und flüssig ist, sondern auch im flüssigen Zustand, temperaturabhängig ist.


Diese Kurve zeigt zuerst, dass unglücklicherweise im idealen Temperaturbereich des Gießens die höchste und schnellste Gasaufnahme erfolgt. Sie zeigt aber auch zwei Möglichkeiten des Entgasens auf:

Kontrolliertes Abkühlen
wie es in Kapitel 8 beim patentierten Guss für z.B. Turbinenschaufeln beschrieben wird. Hier können alle überschüssigen Gase langsam an die Oberfläche steigen.
Ein solcher Block nimmt bei schnellem neuen Aufschmelzen und zügigem Guss nur wenig neue Gase auf.
Überhitzen des Gusses
für mehrere Minuten so dass die gelösten Gase ausgetrieben werden können.

Zum gießen muss dann die Legierung allerdings erst abgekühlt werden (je schneller desto besser)
Extraktion von gelösten Gasen
Durch chemische Reaktion in der Schmelze mit Chlorgasen ist hochwirksam verändert jedoch auch die Zusammensetzung der Schmelze, da metallische Reaktionspartner des Chlors mit an die Oberfläche getrieben werden.
Kapitel 15
Interpretation der Metalloberfläche

Legierungen, deren Gashaltigkeit und Anteile an Kohäsionslösern man nicht kennt sollte man zuerst gut (heiß) durchschmelzen und sodann in eine Eisenbarrenform gießen. Wenn nach dem Einguss der heiße Tiegel zum Abdecken der Oberfläche auf die Barrenform gelegt wird, kann zum großen Teil der Effekt des Entgasens nach Tabelle S.43, durch das Temperaturgefälle wie in Bild S.28, erzielt werden.

Die Barrenoberfläche kann nun verschiedene Formen annehmen:



Typ 1/Links Hier ist das Metall gasfrei
(wenn auch wahrscheinlich erst durch den Gussvorgang) da es stark eingesunken und die Oberfläche am Rand glatt ist.

Typ 2/Mitte Dieses Metall ist stark aufgebläht
durch erheblichen Gasinhalt. Nicht für den Guss geeignet. Nochmaliges Durchschmelzen mit AC und in den Barren gießen mit Abdecken müßte helfen.

Typ 3/Rechts Eine Mischform
wie sie meist vorkommt. Am Rand, der zu schnell abgeschreckt ist, sind noch Gasporen enthalten, der Kern ist entgast und eingefallen.

Die Oberflächenfarbe
Daneben kann man die Oberflächenfarbe und den Randverlauf zur Analyse verwenden.

Ist die Oberfläche braun bis schwarz,
so sind zu wenig Oydationsschutzmittel enthalten.
Empfehlung:
Zugabe von insgesamt 0,5 -0,6 % AC und oder Zink (nicht schlecht ist für die meisten Güsse halbe/halbe)


Ist die Oberfläche streifig glänzend - matt
aber ansonsten hell, fehlt meist 0,2 % AC

Ist die Oberfläche blank
aber kleinkristallin matt ist dies ein Hinweis auf Zinkinhalt der die Legierung dünnflüssiger macht.
Der Randverlauf gibt ebenfalls wertvolle Hinweise:


Rand 1 Rand 2
Rand 1 zeigt eine hohe Oberflächenspannung
wie sie Goldschmiedelegierungen haben (also nur Gold, Silber und Kupfer). Solche Legierungen können natürlich auch gegossen werden. Sie lassen sich wegen des höheren Schmelzpunktes auch problemloser mit 1-er Lot löten. Auch das spezifische Gewicht ist höher. Allerdings bilden sie größere Kristalle und damit Lunker.

Rand 2 zeigt eine niedrige Oberflächenspannung,
wie sie eine ideale Gusslegierung haben sollte.

Berücksichtigen sollte man bei dieser Randanalyse, dass tendenziell bei hoher Temperatur eingegossen und bei sehr heißen Eisenformen, auch bei sonst gleichen Legierungen der Rand schärfer wird und bei niedrigen Temperaturen runder ausfällt.
Man sollte demgemäss bei in etwa gleichen Bedingungen vergleichen.

Mit Bildern und komplett hier nachzulesen:
http://butschal.de/download/seminar.html
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