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wenn ein Berg Feuer spuckt

 
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tatze-1
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tatze-1

 ·  #16
Optisch ja, aber die Antwort ist nein. Es wurde ein Eingriff in die Originalsubstanz nötig, damit das Auto wieder nutzbar wurde, d.h. die Geschichte des Autos wurde verändert. Andernfalls hätte man das Auto konservieren müssen und den Verfall damit stoppen. Dann hätteste das allerdings nur noch anschauen können.
Btw. es wird demnächst offiziell eine Weiterbildung zum Restaurator im KFZ-Handwerk geben, habe ich gehört.
Brettwerk
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Brettwerk

 ·  #17
Kann ich gut nachvollziehen - aber gehört zur Geschichte eines Gegenstandes nicht auch dessen Nutzung und Erhaltung? Das wollte der olle Plutarch ja mit seinem Theseus-Gedankenexperiment fragen.

Hat aber natürlich mit den Vulkanausbrüchen von Marion nix zu tun. Karfreitag halt... ;-)
Silberfrau
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Silberfrau

 ·  #18
Keiner will ein teuer restauriertes Auto, nur zum Ansehen! Der vorgesehene Benutzungszweck ist ein essentieller - wenn nicht sogar DER essenzielle Bestandteil eines Oldtimers. Ausnahmen wie "das erste Benz-Fahrzeug" vor.
tatze-1
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tatze-1

 ·  #19
Zitat geschrieben von Brettwerk

Kann ich gut nachvollziehen - aber gehört zur Geschichte eines Gegenstandes nicht auch dessen Nutzung und Erhaltung?

Grundsätzlich kann man sagen, schon, aber eine Bedingung ist das nicht. Die Kirche will ihre Stücke erhalten haben, aber auch nutzen. Die Museen wollen ihre Stücke nur noch erhalten. Und wenn ein Privatmensch ein Stück hat, das er nur noch im Schrank verstauben lassen will, dann muß das nicht mehr unbedingt nutzbar gemacht werden.

Eigentlich ist jeder Handschlag, der an dem Stück gemacht wird, eine Veränderung der Geschichte des Stücks. Ein sensibles Thema. Und das ist die Gewissensfrage, die vor jeder Restaurierung gefragt und durchdiskutiert wird. Was ist das Ziel? Das fällt unter den Bereich Restaurierungsethik. Ich versuche mal, mein Unterrichtsskript etwas zusammenzufassen. Reparatur, Restaurierung oder Konservierung.

Eine Reparatur versetzt den Gegenstand in einen gebrauchsfähigen Zustand zurück, mitunter unter Inkaufnahme von Veränderungen, die weder form- noch materialgerecht sind. Die historische Substanz steht definitiv nicht im Vordergrund.

Bei einer Restaurierung wird der Gegenstand ebenfalls wieder in einen gebrauchsfähigen Zustand versetzt. Erneuerungen dürfen hier aber nur vorgenommen werden, wenn’s keine andere Lösung gibt. Die höchste Priorität bei einer Restaurierung gilt der Substanzerhaltung.

Konservieren bedeutet, daß der Gegenstand in dem Zustand, wie er gerade ist, der Nachwelt erhalten bleibt. Nichts wird verändert oder erneuert. Gefährdete Teile werden ohne Reparatur gesichert, damit der Verfall gestoppt wird. Wenn etwas aus optischen Gründen ergänzt werden muß, dann muß das sofort als neu erkennbar sein und auch so montiert sein, daß es später einmal ohne Beschädigung der Originalsubstanz wieder demontiert werden kann.

Welcher dieser drei Ansätze letztendlich verfolgt wird, hängt u.a. vom Auftraggeber und seiner Intention und vom historischen und ideellen Wert ab.

Man kann sagen, daß im Grunde genommen die Übergänge zwischen den Restaurierungsansätzen in der Praxis meist fließend sind, da eine klare Trennung oftmals schwierig ist. Mischformen sind daher durchaus üblich. Für den Restaurator bedeutet dies aber immer, die Originalsubstanz zu erhalten.

Restaurieren heißt nicht „wieder neu machen“. Letztlich gibt das Objekt die Maßnahmen vor, die der Restaurator nach eingehendem Schadensbefund in seinen Maßnahmenvorschlägen dem Kunden anbietet und detailliert auseinandersetzt. Welche Maßnahme dann effektiv umgesetzt werden soll, das entscheidet letztendlich der Kunde. Das WIE allerdings obliegt dem Restaurator. Wenn ein Restaurierungsauftrag erteilt wird, dann wird zusätzlich zur Bestands- und Schadensaufnahme in Wort und Bild jeder Handschlag schriftlich und bildlich dokumentiert und diese Dokumentation zusammen mit dem restaurierten Objekt dem Kunden übergeben, damit später genau nachvollzogen werden kann, was wie gemacht worden ist und im Zweifelsfall, wer es verbockt hat. Die Verpflichtung zur Dokumentierung ist in der Charta von Venedig begründet.

Zitat geschrieben von Silberfrau
Keiner will ein teuer restauriertes Auto, nur zum Ansehen! Der vorgesehene Benutzungszweck ist ein essentieller - wenn nicht sogar DER essenzielle Bestandteil eines Oldtimers. Ausnahmen wie "das erste Benz-Fahrzeug" vor.

nicht immer. Ich zitiere jetzt mal direkt aus dem Skript von Andreas Bachmeier:
"Im profanen Bereich wird in der Regel das Objekt in den ursprünglichen Zustand rekonstruiert, ohne auf die Rekonstruierung hinzuweisen. Dies geschieht aus Geldwertgründen, da die Rekonstruierung den Verkaufswert enorm steigert." Er bezog sich hier zwar eher auf profanen Schmuck und Korpuswaren, da die im Moment noch anders bewertet werden als sakrales Gerät und Museumsstücke, aber ich denke, man könnte das auch hier auf dieses Autothema beziehen.

Sodele, viel geschrieben, wahrscheinlich Thema verfehlt, aber ich hoffe trotzdem, etwas informativ gewesen zu sein.
pontikaki2310
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pontikaki2310

 ·  #20
Danke Anke - sehr informativ - das les ich mir
nochparmal durch....
Alyss
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Alyss

 ·  #21
Genau. So ähnlich steht es auch in einem Buch, dass ich mir für mein neues Hobby - Möbel aufarbeiten - zugelegt habe. Laut diesem leidet der Markt unter der Vorstellung der Käufer, dass antike Möbel wie neu aussehen müssen, was nur allzuoft von den Restauratoren dann auch ausgeführt wird. Bei meinen Versuchen besteht da keine Gefahr, da nichts älter als 100 Jahre ist und meine Kenntnisse/Fertigkeiten beschränkt.
Silberfrau
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Silberfrau

 ·  #22
Beim Schraubenzieher würde ich es als Instandsetzung bezeichnen. Essenziell bei diesem Werkzeug (genau wie auch beim Auto) ist auch hier die Funktion, trickreiche Mechanik, alles andere würde keinen Sinn machen. Andere Objekte wurden von Anfang an zum Betrachten angefertigt, Reliefs, Bilder, Schnitzereien usw, dafür essentiell ist die Optik, und so wie ich es sehe, allerdings die "ursprüngliche". Eine korrodierte Bronze zeigt zwar den Zahn der Zeit, den Interessierten interessiert allerdings dieser Zahn weniger.
tatze-1
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tatze-1

 ·  #23
wenn es mal alles immer so schön schwarz-weiß wäre. Isses aber nicht. Und das macht mir jetzt schon nach 7 Unterrichtstagen graue Haare. Denn bei den meisten Dingen haben dann auch noch Kunsthistoriker, Landesdenkmalbehörden etc. zusätzlich noch ein Wörtchen mitzureden.

Zitat geschrieben von Alyss
So ähnlich steht es auch in einem Buch, dass ich mir für mein neues Hobby - Möbel aufarbeiten - zugelegt habe. Laut diesem leidet der Markt unter der Vorstellung der Käufer, dass antike Möbel wie neu aussehen müssen, was nur allzuoft von den Restauratoren dann auch ausgeführt wird.

das ist eben das, was ich schon vorhin geschrieben habe. Der Kunde sagt letztendlich an, was gemacht werden soll. Ob der Restaurator dann den Auftrag annimmt, weil er hinter der Ausführung stehen kann, steht auf einem anderen Blatt. Man muß auch mal ablehnen können, wenn das mit der eigenen Berufsethik nicht vereinbar ist. Der Kunde wird zwar sicherlich einen anderen Deppen finden, dem das Geld lieber ist als die Ethik (wie in unserem Job auch, irgendeiner macht das immer billiger und schlechter), aber man selber kann besser schlafen, wohl wissend, dem Stück für den Moment gerecht geworden zu sein. Bei privaten und gewerblichen Kunden steht halt meistens die Zurschaustellung bzw. die Gewinnmaximierung im Raum. Da sieht ein schickes, perfekt aufgemöbeltes Stück natürlich besser aus, als wenn man an dem Stück noch die alten Macken und seine Geschichte ansehen würde.
Silberfrau
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Silberfrau

 ·  #24
Letztendlich müsstest du es machen wie bei der Höhle von Lascaux. Das konservierte Original und die besuchbare Replik. Aber es haben nicht alle Werke eine so große Bedeutung.

Stradivari... die Funktion, der Klang zählt.

Beim Möbel sollten die Schubladen zu Öffnen gehen, und das Sofa nicht unter einem zusammen brechen.

Während ich bei einem Wikingerhort nicht erwarte, dass man sich den Schmuck noch um den Hals hängen kann.
a ourives
 
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a ourives

 ·  #25
Wie schon mal gesagt, es ist nicht immer alles so easy und von individuellen Entscheidungen und Entscheidern abhängig. Und da isses wurscht, wie historisch wertvoll das Stück für die Menschheit ist. Es langt, wenn es einem Menschen wertvoll ist.

Zitat geschrieben von Silberfrau

Während ich bei einem Wikingerhort nicht erwarte, dass man sich den Schmuck noch um den Hals hängen kann.

warum nicht? Wird aber wohl bei dem Wikingerdorf nicht passieren, denn das ist ein Museum und dort wird heutzutage fast nur noch konserviert und nicht mehr restauriert. Damit ist dein Wunsch hier auf jeden Fall schon erfüllt.
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 ·  #26
Zitat geschrieben von Brettwerk

Kann ich gut nachvollziehen - aber gehört zur Geschichte eines Gegenstandes nicht auch dessen Nutzung und Erhaltung? Das wollte der olle Plutarch ja mit seinem Theseus-Gedankenexperiment fragen.

Hat aber natürlich mit den Vulkanausbrüchen von Marion nix zu tun. Karfreitag halt... ;-)


Ich finde bei dem Auto haben Philosophie und Gedankenexperimente nicht wirklich viel Platz.
Ein Traumauto. Schon vor 40 Jahren.
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