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Ritualtest - Irrationales für internationale Begegnungen

 
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Guestuser

 ·  #1
Nur, weil es gerade in anderem Kontext entstand. Vielleicht hat ja jemand auch hier Freude dran. Antworten folgen auf Wunsch in einer Woche.

Viel Spaß! Jade

1 - Du bist bei Deinen Japanischen Kunden eingeladen und nachdem Du kontrolliert hast, ob die Socken auch sauber und lochlos genug sind, um die Schuhe auszuziehen, entschließt Du Dich, einen kleinen Pralinenkasten mitzunehmen und wickelst ihn dazu liebevoll in Papier mit Schleifchen. Als Du bei Deinen Gastgebern ankommst und es überreichst, bedankt man sich formvollendet, legt das Päckchen auf die Anrichte, wo es den ganzen Abend unausgepackt liegen bleibt. Was hast Du falsch gemacht?

2 - Eine Japanische Reisegruppe füllt schnatternd Dein Geschäft und eine kiechernde junge bezaubernde Dame sucht ein Hochzeitsgeschenk für eine Kollegin zu Hause und fragt, ob man bei Dir soetwas bekommt. Was tust Du bzw. was tust Du in gar keinem Fall:
a Du zeigst ihr das halbe Dutzend wundervoller Kristallweingläser mit Silberfuß.
b Dir fällt die zauberhaft kleine viktorianische Silberteedose wieder ein und Du bietest der jungen Lady an, sie vom Teehändler der Luxusklasse nebenan mit erlesenem grünen Tee füllen zu lassen.
c Du versuchst herauszufinden, wohin sie schaut und erwähnst beiläufig, dass eine Straße weiter ein erlesenes Papierwarengeschäft ist.

3 - Du hast es geschafft, bei einem chinesischen Kollegen in Peking einen Termin für eine Werkstattbesichtigung zu bekommen. Was kannst Du ihm mitbringen?
a Besser nichts
b einen kleinen Umschlag mit Geld
c Tabakwaren
d eine Flasche franzöischen Cognac
e ein typisches Werbegeschenk wie einen Kugelschreiber, einen Taschenrechner, einen USB-Stick oder sowas.

4 - Ein Inder möchte bei Dir das kleine hübsche Silberkästchen aus dem Fenster kaufen, weil er es als stilvolle Verpackung für ein Geldgeschenk benutzen möchte. Ihr werdet Euch einig, Du bietest an, es als Geschenk zu verpacken, also legt er 200 Euro in das Kästchen und reicht Dir einen 5-Euroschein. Was machst Du damit?
a Du bedankst Dich formvollendet und reichst ihn Deiner kleinen Tochter, die sich ebenfalls bedankt?
b Du tust so, als wenn nichts wäre und lässt ihn verschwinden?
c Du legst ihn als Anzahlung gut sichtbar auf die Kasse, bevor Du das Geschenk einwickelst?
d Du wechselst ihm den Schein in 1-Euro-Münzen?

5 - Ein Chinese kommt herein und möchte gern den Armreifen aus dem Fenster betrachten. Du holst ihn heraus, läßt ihn betrachten und nennst ihm den Preis. Er lächelt Dich an, nickt und meint: Es soll ein Geschenk sein. Was erwartet er von Dir?
aDass Du ihm etwas hochwertigeres zeigst?
b Dass Du ihm etwas vergleichbares in niedrigerer Preisklasse zeigst.
c Dass Du ihm den Preis näher erläuterst?
d Dass Du ihn fragst, wer denn der glückliche Beschenkte ist?
e Dass Du mit Dir handeln lässt?
f Dass Du ihm sagst, dass Du es selbstverständlich gern ansprechend verpackst?

6 - Dein Nachbar vorderorientalischer Herkunft, der neben Dir seit Jahren den gutsortierten Obst- und Gemüsehandel betreibt, hat wieder einmal ein Problem mit den deutschen Sitten und Gebräuchen. "Warum", fragt er Dich, "wünschen sich die Deutschen zum Mittagessen und zum Abendessen einen guten Appetit, aber nicht zum Frühstück oder zu Kaffee und Kuchen?"
Goldie
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Goldie

 ·  #2
traut sich keiner den anfang zu machen?
na dann versuche ich es mal :)

1. das schleifchen. vielleicht hat es in japan eine besondere bedeutung?

2b klingt verlockend

3c aber nur wenn noch ein gemeinsames essen ansteht. tabak gehört meines wissens in china BEIM essen dazu.

4c erstmal um dann weiterzusehen wie er es wohl gemeint hat.

5f kombiniert mit d

6 ich würde ihm gestehen, dass ich es nicht weiss

lg
martin
Swetlana
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Swetlana

 ·  #3
Hallo ! Ich möchte auch mein Glück versuchen, mal sehen :

1. Vielleicht hat man gar nix falsch gemacht. Vielleicht ist es in Japan wie in Russland, wo es zum guten Ton gehört die Geschenke erst nach dem Besuch weg ist auszupacken, aber trotzdem sich herzlichst dafür zu bedanken, denn die Geste zählt, egal was geschenkt wird.

2.a und b würde ich nicht tun, ich hatte etwas mit Silber in Japan mal gehört, kann mich aber nicht entsinnen, ob man nun Silber schenken kann oder nicht. Die Antwort c - keine Ahnung :oops:

3.Antwort b - in China kann man ganz offen Geld schenken, wenn es in einen Roten Umschlag eingepackt ist .

4.Antwort c , da ich nicht sicher bin, wie er das nun meint.

5.Antwort d und f.

6.*lach* ich bin osteuropäischen Herkunft und würde die Antwort auf die Frage auch gerne wissen. :?


Ich warte nun ungeduldig auf die richtige Antworten, denn ich habe bestimmt alles falsch beantwortet.

Liebe Grüße von Swetlana.
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Guestuser

 ·  #4
Die versprochene Auflösung mit vielem Dank an die beiden Mutigen für ihren Versuch:

1 - Du bist bei Deinen Japanischen Kunden eingeladen und nachdem Du kontrolliert hast, ob die Socken auch sauber und lochlos genug sind, um die Schuhe auszuziehen, entschließt Du Dich, einen kleinen Pralinenkasten mitzunehmen und wickelst ihn dazu liebevoll in Papier mit Schleifchen. Als Du bei Deinen Gastgebern ankommst und es überreichst, bedankt man sich formvollendet, legt das Päckchen auf die Anrichte, wo es den ganzen Abend unausgepackt liegen bleibt. Was hast Du falsch gemacht?

Swetlana hat vollkommen Recht: Nichts, abgesehen von der Erwartung, dass Auspacken zum Geschenkritual gehört. Das Gegenteil ist der Fall. In Japan (und übrigens auch China) packt man Geschenke grundsätzlich nicht in Gegenwart anderer aus, weil man fürchtet, ihn dadurch zu beleidigen oder alle Beteiligten in eine heikle Situation zu bringen; zum Beispiel weil sichtbar wird, dass es einem nicht gefällt oder weil es billiger bzw. nicht so schön oder genau das gleiche ist wie andere Geschenke von anderen Gästen. Das gilt für alle Geschenke. Sie werden als Geschenke an einen repräsentativen Ort gestellt und bleiben dort, bis der Gast weg ist. Ausgepackt werden sie allein oder allenfalls in Gegenwart von Menschen, die einem äußerst nahe stehen. Daher ist auch Klarsichtfolie allenfalls bei Blumen oder Früchtekörben angebracht.


2 - Eine Japanische Reisegruppe füllt schnatternd Dein Geschäft und eine kiechernde junge bezaubernde Dame sucht ein Hochzeitsgeschenk für eine Kollegin zu Hause und fragt, ob man bei Dir soetwas bekommt. Was tust Du bzw. was tust Du in gar keinem Fall:
a Du zeigst ihr das halbe Dutzend wundervoller Kristallweingläser mit Silberfuß.
Nicht so geschickt. Zum einen trinken Japaner keinen Wein, wenn sie nicht auf westliche Lebensart stehen, zum anderen ist die Zahl 6 eine Unglückszahl (sie klingt nach Krankheit und Tod). Daher verschenkt man grundsätzlich nie ein halbes Dutzend, wovon auch immer. Silber ist aber kein Problem.

b Dir fällt die zauberhaft kleine viktorianische Silberteedose wieder ein und Du bietest der jungen Lady an, sie vom Teehändler der Luxusklasse nebenan mit erlesenem grünen Tee füllen zu lassen.
Klingt verführerisch, ist aber indiskutabel: Grünen Tee verschenkt man nämlich zu Beerdigungen. Also wenn schon, dann die Ostfriesenmischung, denn Exotisches ist überall beliebt.

c Du versuchst herauszufinden, wohin sie schaut und erwähnst beiläufig, dass eine Straße weiter ein erlesenes Papierwarengeschäft ist.

Eine sehr gute Idee, denn entweder sucht die Dame ein klassisches japanisches Geschenk und dann braucht sie einen schönen hochwertigen roten Umschlag, gern mit allerlei Golddekor, weil man zu Hochzeiten grundsätzlich Geld schenkt (und zwar eine festgelegte Summe) oder sie hat etwas ganz konkretes gesehen und weiß nun nicht, wie das heißt, hält es aber für unhöflich, mit dem Finger darauf zu zeigen.

3 - Du hast es geschafft, bei einem chinesischen Kollegen in Peking einen Termin für eine Werkstattbesichtigung zu bekommen. Was kannst Du ihm mitbringen?
a Besser nichts
wäre sehr sehr unhöflich
b einen kleinen Umschlag mit Geld
Geld ist zwar tatsächlich als Geschenk meist erlaubt, aber niemals in geschäftlicher Hinsicht, dann da wäre es ein Bestechungsversuch und ausgesprochen peinlich

c Tabakwaren
gern gesehen, besonders klassische amerikanische Zigarettensorten

d eine Flasche französischen Cognac
das richtige für einen wichtigen Mann von einem wichtigen Mann. Der Beginn einer besonderen Freundschaft von Chef zu Chef ...
e ein typisches Werbegeschenk wie einen Kugelschreiber, einen Taschenrechner, einen USB-Stick oder sowas.
sehr gern gesehen, was kleines nettes aufmerksames unverbindliches. Immer richtig.

4 - Ein Inder möchte bei Dir das kleine hübsche Silberkästchen aus dem Fenster kaufen, weil er es als stilvolle Verpackung für ein Geldgeschenk benutzen möchte. Ihr werdet Euch einig, Du bietest an, es als Geschenk zu verpacken, also legt er 200 Euro in das Kästchen und reicht Dir einen 5-Euroschein. Was machst Du damit?
a Du bedankst Dich formvollendet und reichst ihn Deiner kleinen Tochter, die sich ebenfalls bedankt?
b Du tust so, als wenn nichts wäre und lässt ihn verschwinden?
c Du legst ihn als Anzahlung gut sichtbar auf die Kasse, bevor Du das Geschenk einwickelst?
d Du wechselst ihm den Schein in 1-Euro-Münzen?

d ... denn in der Indischen Kultur gelten runde Summen als hässlich, stillos und knickerig. Man verschenkt also grundsätzlich 51, 61, 71 etc. Es fehlt also noch ein Euro, bevor das Geldgeschenk vollständig ist und das schöne Kästchen verpackt werden darf.

5 - Ein Chinese kommt herein und möchte gern den Armreifen aus dem Fenster betrachten. Du holst ihn heraus, läßt ihn betrachten und nennst ihm den Preis. Er lächelt Dich an, nickt und meint: Es soll ein Geschenk sein. Was erwartet er von Dir?
a Dass Du ihm etwas hochwertigeres zeigst?
b Dass Du ihm etwas vergleichbares in niedrigerer Preisklasse zeigst.
c Dass Du ihm den Preis näher erläuterst?
d Dass Du ihn fragst, wer denn der glückliche Beschenkte ist?
e Dass Du mit Dir handeln lässt?
f Dass Du ihm sagst, dass Du es selbstverständlich gern ansprechend verpackst?

eventuell b, meist aber e. “Es soll ein Geschenk sein” bedeutet: Das hier ist zu teuer. Warum? Weil es als beleidigend oder beschämend gilt, zu teure Geschenke zu machen, weil das den Beschenkten deklassiert. Daher hat man immer Bedenken, ein Geschenk könnte zu teuer sein und den Beschenkten in Verlegenheit zu bringen, was ja bedeutet, dass man einen schlechten Charakter hat. Also ist der Hinweis auf ein Geschenk die dezente Andeutung, dass der Preis zu hoch oder einem eben der Gegenstand zu teuer ist. Ein Chinesischer Händler versteht diesen Hinweis immer und wird entsprechend den Preis senken oder sagen: Schauen Sie mal hier, passt das besser? und etwas günstigeres vorlegen. Also merken: Eine gute und sehr stilvolle Verhandlungstechnik, mit der man schnell herausfindet, ob die untere Preisgrenze für den Händler wirklich erreicht ist! (Ein Kopfnicken ist eine Dankes-/Respektgeste, kein Ja.)

6 - Dein Nachbar vorderorientalischer Herkunft, der neben Dir seit Jahren den gutsortierten Obst- und Gemüsehandel betreibt, hat wieder einmal ein Problem mit den deutschen Sitten und Gebräuchen. "Warum", fragt er Dich, "wünschen sich die Deutschen zum Mittagessen und zum Abendessen einen guten Appetit, aber nicht zum Frühstück oder zu Kaffee und Kuchen?"

Weil Frühstück und Kaffeetrinken Essensgelegenheiten sind, bei denen es traditionell keine festen Tischzeiten gibt, also die Essenden nicht gleichzeitig am Tisch sitzen, sondern nach und nach eintrudeln, so dass man auch nicht mit einem Toast oder Tischgebet beginnt, einfach, weil man fünfmal wieder damit anfangen müsste, bis morgens der letzte Langschläfer eingetroffen, wobei dann der erste schon längst mit der Zeitung fertig ist und in der Bahn zur Arbeit sitzt oder nachmittags die akademische Tante Elli auch endlich aus dem Pelz gefunden hat, während Oma Else schon das zweite Mal auf das Stille Örtchen rennt. Beides sind also im deutschen Kulturverständnis keine Mahlzeiten, sondern Gesprächsgelegenheiten mit Knabberei.
Goldie
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Goldie

 ·  #5
max.stone
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max.stone

 ·  #6
Hallo Jade,

Das ist definitiv einer der zehn besten Beiträge im Goettgen-Forum: Aufschlußreich, anschaulich, befriedigt die Neugier und kratzt unter der Oberfläche.

Sensationell - mehr davon! :D

CU,
Markus
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