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Indianerschmuck (2): 'Als das Dampfross kam' - Schmuck der Natives wird populär und damit zur Massenware

Der Krieg war vorbei und die US-Regierung ging bankrott. Vor dem Krieg bekamen die Natives in des Reservaten regelmässige Hilfszahlungen, aber danach konnten sich die Menschen nicht mehr darauf verlassen. Zudem haben viele Männer ihre Familien verlassen und sind im Krieg gefallen oder verschollen, so das nun die Frauen, die Alten und die Kinder die Versorgung der Familie selbst in die Hand nehmen mussten.

Nach jedem Krieg setzt eine neue Lebenslust ein, die Wirtschaft wird wieder angekurbelt. So kam es nach dem zweiten Weltkrieg zur Erschliessung neuer Flächen. Damit wurden neue Eisenbahnstrecken geschaffen und eine Reiselust überströmte das Land und einige für den westlichen Menschen fremde Lebensgemeinschaften wurden zur Touristenattraktion.

Zuerst entdeckten die Navajo, das man mit den Touristen ein Geschäft machen konnte, denn sie kauften den Natives, die ihren traditionellen Schmuck aus Existenznot an der Strasse anboten, buchstäblich vom Körper weg. So heizten sie ihre Feuer und stellten Schmuck her um die Nachfrage befriedigen zu können. Auch die Zuni, die Santo Domingo und andere Stämme, die allerdings nur eine geringe Menge Schmuck herstellten, sprangen bald auf diesen Zug auf und entdeckten diese Einnahmequelle auch für sich. Sogar die zurückgezogenen Hopi mussten sich damit verdingen. Die Serienproduktion für traditionellen Schmuck begann.

So kam es, das viele Familien auf eine Silberschmiede-Tradition zurück blicken können, die von den Frauen der Familie fortgeführt wird.

Schon bald aber verlangte der Kunde feinere, filigranere Arbeiten und so nutzten die Natives die neuen Werkzeuge, die die Eisenbahn erneut mitbrachten. Silberdraht, Silberblech und Silberperlchen wurden nun verarbeitet um sich zu dem Stil zu formen, der heute so hoch geschätzt ist. Die Steinfassungen sind in ihrer Grundform gleich geblieben, es wird fast ausschiesslich die geschlossene Fassung verwendet. Jedoch variiert die Form der Oberkante und so hat sich überwiegend die gezackte Oberkante bei der geschlossenen Fassung durchgesetzt. Die ausserodentlich beliebten Federn, die ein Native ihrer Symbolik wegen auf der Kleidung trägt, wurden nun in Silberblech gebannt und schmückten fortan so manches Schmuckstück. Türkis und Koralle, beides zwar an ihre natürliche Form angelehnt, jedoch im Cabochon geschliffen, wurden nun zur beliebten Steinkombination. Manche Schmiede schnitzten stilisierte Landschaftsbilder in einen sehr grossen Türkisstein oder schnitzten aus einem ebensolchen Türkis ein Tierkopf. Bald fanden aber auch Steine, die nicht in der natürlichen Umgebung der Natives gefördert werden konnten - wie zum Beispiel Charoit, Sugilit oder ausländischer Türkis - Verwendung und dienten Ausnahmekünstlern dazu, ihren eigenen Stil zu formen.

Das Geschäft mit den Touristen boomt bis heute in den USA. Bereits in den ersten Touristenorten der Great Plains bekommt man original traditionellen Schmuck zu kaufen und die Verkäufer versichern den Kunden, dass das was sie kaufen, ausschliesslich Unikate sind. In jedem Visitor Center, in jedem Hotelshop und in jedem Ort findet man den traditionellen Schmuck, der oft genug zwar von Natives gefertigt wurde, jedoch in Serienherstellung. Nativer, traditioneller Schmuck ist in den USA so beliebt geworden, das sich mittlerweile auch Stämme, die im Ursprung überhaupt nichts damit zu tun hatten, mit der Herstellung ihren kargen Lebensunterhalt verdienen.

Traditioneller Schmuck im Wandel

Inzwischen ist die Formen- und Farbvielfalt des traditionellen Schmuckes so gross, das man in modernen, nativen Schmuck und in traditionellen, nativen Schmuck trennen kann. Der Kunde verlangt Individualität und einen Nachweis für die Echtheit der Stücke. Heute werden die Schmuckstücke signiert, sei es ein Namens- oder häufiger Initialienstempel oder eine eigenhändige Gravur. Bis vor wenigen Jahren galt das unter den Kollegen als eine Brüskierung des Erschaffers, doch nun ist es gängige Praxis.

Die meisten nativen Silberschmiede haben sich auf ein eigenes Design spezialisiert, manche im Einklang mit traditionellen Formen und Materialien, andere heben sich durch westlich orientierte Formen ab und läuten eine neue Ära des nativen Schmuckes ein. Die Nachfrage an modernen Motiven, Formen und Materialien ist gross, so mancher Silberschmied streift seine Traditionen ab um das neue Kaufverhalten zu befriedigen und so weiterexistieren zu können. Natürlich gibt es weiterhin eine Lobby für Liebhaber des traditionellen Schmuckes und alte Techniken wie die des Sandgusses leben wieder auf, jedoch ist der Trend des Stilbruchs unübersehbar.

Gold, Diamanten, wertvolle Edelsteine kommen in traditionellen, sowie in modernen Schmuckstücken zum Einsatz oder werden mit den herkömmlichen Materialien im Design gemischt. Die Hopi verwenden für die Overlay-Technik Gold, akzentuiert mit Diamanten. Geschliffene Onyxe, Amethyste, Citrine, Topase, sogar Saphire und andere geschliffene, transparente Edelsteine werden verarbeitet und mit traditioneller Silberschmiedekunst in Szene gerückt. Die Nachfrage nach natürlich schönen, von der Natur geschaffenen Steinen ist nicht mehr gegeben, so werden kleinere, weniger vom Muttergestein durchzogene Türkise verarbeitet, Zuchtopale werden immer mehr bevorzugt und auch die Artenschutzbestimmungen verbieten es, natürliche Koralle zu ernten, so das auf Zuchtkoralle oder andere Korallenarten zurückgegriffen werden muss. Andere Edelsteine, die früher in den USA abgebaut wurden, werden nun aus dem Ausland importiert, wegen dem Mangel an einheimischen Steinen und der Qualität der Steine.

Bild Beipiel für einen Initialienstempel
Beipiel für einen Initialienstempel

 

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Spezieller Dank an Sandra Neuser, auch bekannt als Xia in unserem Schmuckforum.

Archivbeitrag 08.09.2011
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