Goldschmiedeforum
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Aktion: Fragen an Herrn Brepohl

 
Goldie
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Goldie

 ·  #1
Liebe Forengemeinde :)

Als angehender Goldschmied aber auch als alter Hase kennt man den Brepohl - das wohl bekannteste (und auch beste) Goldschmiedebuch.
Herr Brepohl hatte sich hier im Forum schon zu Wort gemeldet und ist wie ich weiss ein stiller Leser :)

Daher starte ich mal diesen Thread, in dem wir alle zusammen Fragen an Brepohl sammeln können. Fragen, die in den Büchern vielleicht noch nicht behandelt wurden oder Fragen, zu denen es einfach nur hoch interessant wäre mal die Meinung des Lebenswerk-Goldschmieds und Buchautor zu hören.

Los gehts mit Euren Fragen...
Erhard Brepohl
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Erhard Brepohl

 ·  #2
Zitat geschrieben von Goldie
Liebe Forengemeinde :)

Als angehender Goldschmied aber auch als alter Hase kennt man den Brepohl - das wohl bekannteste (und auch beste) Goldschmiedebuch.
Herr Brepohl hatte sich hier im Forum schon zu Wort gemeldet und ist wie ich weiss ein stiller Leser :)

Daher starte ich mal diesen Thread, in dem wir alle zusammen Fragen an Brepohl sammeln können. Fragen, die in den Büchern vielleicht noch nicht behandelt wurden oder Fragen, zu denen es einfach nur hoch interessant wäre mal die Meinung des Lebenswerk-Goldschmieds und Buchautor zu hören.

Los gehts mit Euren Fragen...



Liebe Goldschmiedekollegen, Hobby-Goldschmiede und Schmuckfreunde,

ich wende mich also an alle, die Freude daran haben, Schmuck zu machen, darüber hinaus auch an all diejenigen, die gern Schmuck tragen. Nach meiner Erfahrung haben es diejenigen, die den Beruf bei einem tüchtigen Meister in einer soliden Lehre erlernen, viel leichter als diejenigen, die den Zugang zur Schmuckherstellung aus eigener Kraft gewissermassen im Selbststudium erreichen wollen. Nachdem man jetzt einen Handwerksbetrieb ohne Gesellen- oder Meisterprüfung eröffnen kann, ist die Verlockung gross, es ganz allein, ohne die lästigen Zwänge einer gelenkten Berufsausbildung zu schaffen.
Aber Vorsicht: Es gibt immer noch eine erbarmungslose Prüfungskommission - und das sind die Kunden!

Diese Vielfalt der Möglichkeiten drückt sich ja auch in den Diskussionen des Forums aus, und so wäre es für mich eine reizvolle Aufgaben, allen, die Freude am Schmuckmachen habe, mit meinen Kenntnissen und Erfahrungen behilflich zu sein.
Es gilt noch immer, dass es keine dummen Fragen - durchaus aber dumme Antworten geben kann!

Ich bin jetzt 77 Jahre alt, habe 40 Jahre lang junge Goldschmiede ausgebildet, zuerst als Berufsschullehrer (1955-1960), dann als Fachschuldozent und Professor bis 1945 - kann also durchaus die Probleme der jungen Kollegen noch verstehen!

Seit 1953 bin ich Goldschmiedemeister. Ich kenne mich mit den Arbeitstechniken des Goldschmieds aus und, wie Sie aus meinem Lehrbuch erfahren haben, gehört bei mir auch die Fachtheorie dazu.
Etwa seit 1980 habe ich mich darüber hinaus vertieft mit historischen Goldschmiedetechniken beschäftigt, meinen Bearbeitung der Schriften des Mönchs Theophilus (Anfang 12. Jh.) und Benvenuto Cellinis (1. Hälfte des 16. Jh.) sind die Ergebnisse meiner diesbezüglichen Bemühungen.

Wenn Sie also meinen, dass ich Ihnen in irgendeiner Weise helfen kann, dann nutzen Sie diese Möglichkeit des Forums.

Immer dann, wenn ich etwas nicht weiss, werde ich das klar und deutlich sagen.
Fridolin
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Fridolin

 ·  #3
Sehr geehrter Herr Brepohl!

Hoffentlich darf ich als neuer im Forum gleich eine Frage stellen. Wie würden Sie den Wandel der historischen Goldschmiedetechniken bis Heute in einen o. zwei Sätzen ausdrücken?
Oder ist das nur für fachliche Fragen? :oops:
Goldie
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Goldie

 ·  #4
hallo fridolin und herzlich willkommen im schmuckforum :)

nun angedacht waren in der tat fachfragen aber ich denke mal prof. dr. erhard brepohl findet vielleicht zwischendurch auch antworten auf solche fragen. ich persönlich finde diese frage sehr interessant.

lg
martin
Erhard Brepohl
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Erhard Brepohl

 ·  #5
Lieber Fridolin,

Ihre Frage ist durchaus eine fachliche Frage, und ich will gern die zwei gewünschten Sätze aufschreiben, erlaube mir allerdings, mich zu diesem wichtigen Thema noch etwas ausführlicher zu äussern.

1. Es gibt keinen "Wandel der historischen Goldschmiedetechniken bis heute", die Arbeitstechniken haben sich in Wechselwirkung mit den gestalterischen Anforderungen von den ersten Anfängen bis in die Gegenwart kontinuierlich entwickelt, und wir benutzen Arbeitstechniken, die schon vor mehr als 3000 Jahren im Alten Ägypten üblich waren.

2. Im Mittelalter waren die Goldschmiedetechniken so weit perfektioniert worden, dass wir heute noch prinzipiell diese Verfahren benutzen, nur die Arbeitsmittel (Werkzeuge, Maschinen, Hilfsmittel), mit denen wir das Werkstück bearbeiten, sind verbessert worden, z. B. benutzen wir zum
Schmelzen, Glühen, Löten nicht mehr das Holzkohlenfeuer, sondern Elektroofen, Gasbrenner, Mikrobrenner, Lasergerät.

Ihre Fragestellung interpretiere ich in meiner Weise etwa so:

Die historischen Goldschmiedetechniken, schön und gut, in den Museen kann man sehen, was damit gemacht worden ist, aber das ist längst vorbei, die modernen Schmuckgestalter machen das ganz anders, was isat aus den alten Techniken geworden?

Während ich dies schreibe habe ich in meinem Arbeitszimmer vor mir die Abbildung des goldenen Sarkophags des Tut-ench-amon, eines völlig unbedeutenden altägyptischen Pharaos, der vor mehr als 3000 Jahren in jungen Jahren starb. Dieser Sarkophag musste gross genug sein, um die Mumie des Jünglings aufnehmen zu können. Man brauchte also zwei ziemlich dicke Feingoldbleche, eines für den Sarg, das andere für den Deckel.

Immer, wenn ich aus der Goldschmiede-Zeitung erfahre, dass ein hoffnungsvoller junger Goldschmied ein bedeutendes Schmuckstück auf einer bedeutenden Ausstellung gezeigt hat, stelle ich mir die ganz einfache Frage:

"Und wie hat vor mehr als 3000 Jahren mein ägyptischer Kollege das Gold für die beiden Sargplatten geschmolzen, gegossen und - Eisen kannte man noch nicht - so gleichmässig zu einem Blech dieser Grösse ausgeschmiedet?" Und wie hat er dann mit Gesichtsmaske, Zelleneinlagen usw. daraus ein Kunstwerk gemacht.

Die Wechselwirkung von gestalterischer Idee und handwerklicherlicher Ausfühung, die Einheit von Kunst und Handwerk ist hier perfektioniert.

Wir wissen nicht, welche Goldschmiede diesen Goldsarkophag entworfen und realisiert haben, welche Werkzeuge und Hilfsmittel sie verwendet hatten - wir haben nur das Produkt, das Werkstück. Und wir kennen all die Goldschmiedearbeiten, die aus diesen Grab geborgen werden konnten.

Wenn Sie noch einmal Ihre Fragestellung betrachten, sieht es mit dem "Wandel der historischen Goldschmiedetechniken bis heute" gar nicht so gut aus.

Mit freundlichen Grüssen
Fridolin
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Fridolin

 ·  #6
Sehr geehrter Herr Brepohl!

Mit so einer ausführlichen Antwort habe ich nicht gerechnet. Ich bin erstaunt wie brillant man dieses Thema anpacken kann. Meine Frage ist eindeutig beantwortet. Dankeschön dafür. Logisch ist es ein Rätsel wie und womit die damals so prunkvolle Schätze erschaffen konnten aber das bleibt bestimmt ein ewiges Geheimnis.
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 ·  #7
Hallo Herr Brehpol,

Habe da eine Frage:
Früher bestand Schmuck aus Gold, Silber oder auch Platin. Heut wird Schmuck mehr und mehr aus unedlen Material wie Carbon... hergestellt. Was halten Sie von dieser Entwicklung? Und vorallem was hat das für Folgen für den Beruf Goldschmied?

Marita
Goldie
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Goldie

 ·  #8
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 ·  #9
Hallo,

sorry

Marita
Fridolin
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Fridolin

 ·  #10
Marita ich bin nicht Herr Brepohl, will mich der Frage dennoch annehmen.
Goldschmied ist Goldschmied.
Gegenfrage: Warum soll Carbon den Beruf beeinflussen? Ist doch quatsch!
Erhard Brepohl
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Erhard Brepohl

 ·  #11
Liebe Marita,

obgleich mein Name nicht von der Rechtschreibereform betroffen ist, haben sie ihn so geschrieben, wie er gesprochen wird! Es gibt einige Möglichkeiten, meinen Namen zu verändern, zahlreiche Kollegen und Autoren haben das inzwischen ausprobiert, trotzdem wusste man immer wer gemeint ist.

Sie beginnen mit einer pauschalen Einschätzung der Schmuck-Werkstoffe, aber das ist der falsche Ansatz. Ganz früher wurde der Schmuck aus Knochen, Holz, Muscheln, Tierzähnen hergestellt. Als man gelernt hatte, mit Metallen umzugehen, kamen Kupfer, Bronze, Gold dazu; sehr viel später Silber. Seit mehr als 3000 Jahren wurden diese Metalle mit farbigen Steinen, Glas, Keramik kombiniert (Altägypten!). Platin konnte man erst seit der Mitte des 19. Jahrhundert verwenden, denn vorher konnte man es nicht erschmelzen.

Mit dem Jugendstil (etwa 1880 - 1910) wurden hemmungslos alle denkbaren Materialien als Werkstoffe der Schmuckgestaltung genutzt: Eisen, Bronze, Glas, Schildpatt, Horn, Elfenbein, Holz etc. Diese Befreiung von den verstaubten Regularien der Materialauswahl des Historismus gehört zu den bedeutendsten Nachwirkungen des Jungendstil.

Heute sind wir in der glücklichen Lage, alle nur denkbaren Werkstoffe zur Schmuckgestaltung nutzen zu können.

Sie fragen nach den "Folgen für den Beruf Goldschmied".
Meine ganz klare Antwort: Das ist wunderbar, denn die Ausdrucksmöglichkeiten des Goldschmieds sind fast grenzenlos erweitert worden. Damit wird nichts am Berufsbild des Goldschmieds verändert, er muss die Bearbeitung der Edelmetalle sicher beherrschen, und diejenigen, die ihre Unfähigkeit mit irgendwelchem "Experimentalschmuck" kaschieren wollen, wird man schnell erkennen.

Den von Ihnen erwähnten Carbonschmuck habe ich in die Neuauflage meines Buches mit Bild und Text aufgenommen.

Man kann Schmuck aus rostigen Nägeln, bedruckten Blechen von Konservendosen, Zeitungspapier etc. machen, vorausgesetzt, dass die überzeugende Idee eines Gestalters dahinter steht. Wenn man das Schmuckstück gern in die Hand nimmt, an den Finger steckt, über die Hand auf den Arm schieben, um den Hals legen möchte, dann ist es egal ob es aus diamantbesetztem Platin oder geschnitztem Holz gemacht worden ist!

Nun noch ein Wort an Fridolin,

wahrlich, Sie sind nicht "Herr Brepohl", denn es gehört zu dessen Gepflogenheiten, auf jede Anfrage. beispielsweise auch die Ihrige, ausführlich und verständnisvoll einzugehen.

Sich einer Frage auf Ihre Weise, anzunehmen, nämlich nichtssagend und arrogant, ist seine Art nicht. In den 45 Jahren seiner Lehrtätigkeit hat er niemals "Ist doch quatsch!" benutzt - bezogen auf die Art, wie Sie sich der Frage einer Kollegin angenommen haben, käme ihm allerdings eine solche Bewertung in den Sinn.

Mit besten Grüssen
Mario Sarto
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Mario Sarto

 ·  #12
Zitat geschrieben von Erhard Brepohl
Nun noch ein Wort an Fridolin, ...

Hallo Herr Prof. Dr. Brepohl, ich muß gestehen, dass ich bis hier her Zweifel an der Authentizität des virtuellen "Erhard Brepohl" hatte. Jedoch haben mich Wortwahl und Qualität der Rüge überzeugt.

Ich möchte nun die Gelegenheit ergreifen, (m)eine Frage an Sie zu richten:
Wenn Sie Ihre Augen schließen und dann an Ihren ersten Besuch einer Goldschmiede-Werkstatt zurück denken, was sehen und riechen Sie? Was fühlen Sie ob der Erinnerung?

Es grüßt
Mario Sarto
Fridolin
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Fridolin

 ·  #13
Herr Brepohl und Marita bitte verzeihen Sie meine untrefflichen Worte. Arrogant wollte ich ganz sicher nicht antworten.
Erhard Brepohl
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Erhard Brepohl

 ·  #14
Lieber Mario Sarto,

beim ersten Besuch der Werkstatt meines Vaters hat meine Mutter wohl das Baby auf dem Arm getragen. Seit dieser Zeit war ich, der älteste Sohn, zum Goldschmied bestimmt. Später, während der Schulzeit, also in den 1930er Jahren, feilte und sägte ich schon mal ein Stück Messing.

Spontan verbindet sich mit dieser Werkstatt immer die Wendeltreppe, auf der ich später so oft hinaufgestiegen und wie beim Feuerwehreinsatz heruntergerannt bin, wenn ich allein war und die Ladentür klingelte.

Und da gab es noch die geniale Erfindung meines Vaters: Ein kleiner hölzerner Briefkasten, oben und unten an einen Bindfaden befestigt, der unten im Laden und oben in der Werkstatt über je ein Kinderwagenrad gespannt war, diente als Transportmittel für die Reparaturbeutel; mit einer Öse und einen Spannfaden wurde der Kasten geführt. Wenn er unten ankam, schlug eine Uhrfeder gegen eine Klingelschale, damit man vorn, im Verkaufsraum, informiert war.

Eigentlich wäre ich durch den so frühen, engen Kontakt mit der Werkstatt ganz allmählich in die Goldschmiedelehre hineingerutscht. 1942 bis 1946 war diese Entwicklung jäh unterbrochen worden, weil mein Vater als Soldat und später als Kriegsgefangener Europa bereiste.

Als ich 1946 die Ausbildung in der Werkstatt meines Vaters begann, erfüllte sich mein Berufswunsch, und so sind seit 60 Jahren, Beruf und Hobby immer identisch geblieben: Goldschmied!

Lieber Mario Sarto, nun wissen Sie, wie aus mir ein Goldschmied geworden ist!

Mir besten Grüssen
Mario Sarto
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Mario Sarto

 ·  #15
Zitat geschrieben von Erhard Brepohl
..., erfüllte sich mein Berufswunsch, und so sind seit 60 Jahren, Beruf und Hobby immer identisch geblieben: Goldschmied!


Dem ist nichts hinzu zu fügen. Ich danke Ihnen.

Es grüßt
Mario Sarto
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