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Silberring wird rot

 
Silberfrau
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Silberfrau

 ·  #31
Kann eine Beziehung zwischen Kupferoxydul oder Kupferoxyd im Schmelzgut und Poren im Gusstück - Lunker - ohne rötliche Färbung bestehen?
Ulrich Wehpke
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Ulrich Wehpke

 ·  #32
Meiner Ansicht nach nicht, denn Poren haben nichts mit Oxiden zu tun. Allenfalls vielleicht mit Lunkern, wenn man unregelmäßig geformte Negativ-Kristalle als Poren bezeichnen will. Beide sind jedoch nicht rot, sondern sollten eine ganz normale Silberfarbe aufweisen.

Was vielfach lange Zeit als Blödsinn abgetan wurde: Wasserstoff löst sich in flüssiger Metallschmelze, bei Silber und Kupfer auch in hohem Maße Sauerstoff. Letzterer bildet in der Schmelze Oxidverbindungen mit dem legierten Kupferbestandteil unserer Silberlegierungen. Diese Oxide enthalten jedoch nur ein Atom Sauerstoff, weshalb sie in der Schmelze verbleiben. Sie bilden Blausilber, sowie andere Tiefenoxidationen, z. Beispiel auch die gefürchteten Feuerflecken. Das sind Oxidulpartikel, die sich haufenweise ansammeln und gut mit dem bloßem Auge zu erkennen sind. Eine Erscheinung, die so manchen Gießer förmlich zur Verzweiflung gebracht hat. Diese Partikel werden im Kristallgefüge als Fremdkörper eingebaut.

Mit den aufgenommenen Gasen läuft ein etwas anderer Prozess ab. So lange die Schmelze noch flüssig ist, befinden sich die Gase in Lösung, sind also ein Bestandteil der Flüssigkeit. Sauerstoff geht in gelöster Form, recht gerne Verbindungen mit dem Kupferanteil ein, wodurch sich der aufgenommene, Sauerstoff in der Schmelze vermindert, da er sich zu Oxid umwandelt. Mit dem Wasserstoff den das Brenngas freisetzt, geschieht das jedoch nicht. Beim Erstarrungsprozess wird das aufgenommene Gas aus dem jeweiligen, sich bildenden Kristalliten herausgedrückt und existiert nun wieder in seiner ursprünglichen Form als Gas. In der Folge sammeln sich die Gase als kleine oder größere Bläschen und erstarren mit dem Rest der Schmelze als meist kugelförmige Hohlräume, die mit Wasserstoff oder auch Sauerstoff gefüllt sind. Im Fachjargon: Poren.
Oft treten diese Poren als Nester auf, mal größer im Format, mal kleiner, immer jedoch von innen weiß. Bei den Sauerstoffblasen, die jedoch viel seltener auftreten als Wasserstoffblasen, könnte es noch nicht einmal theoretisch vorkommen, dass sich nennenswerte Oxidulmengen bilden, da die einzelnen Atome wegen ihrer Winzigkeit unsichtbar sind und sie erst angesammelt, also in "Verbänden", sprich größeren Mengen, überhaupt erkennbar werden.
Man unterschätzt die Gasprobleme sehr oft. Wenn man z.B. reines Kupfer mit der Flamme in einem Tiegel schmilzt, wird man erstaunt feststellen können, dass das flüssige Kupfer recht munter spritzt. Ein regelrechtes Bombardement von kleinen Kupfergeschossen verursachend. Der Grund ist der aufgenommene Gasanteil, den die Schmelze mit großer Kraft wieder los zu werden bemüht ist. Bei Rotgold beobachtet man das Gleiche. Das Material welches solcherart weltweit in der Gegend verteilt wird, dürfte eine riesige Menge sein.
Aus diesen Gründen ist die Gießindustrie natürlich bemüht, den Sauerstoffanteil innerhalb der Schmelzmengen für den Schmuckguss so klein wie möglich zu halten. Dies geschieht mit einem so gen. Sauerstoff-Blocker. Meist wird hierzu Silizium verwendet, welches freien Sauerstoff in hohem Maße an einer Reaktion mit Kupfer hindert. Auch Phosphor hat diese Eigenschaft, allerdings mit sehr schwierig berechenbaren Folgen für den fertigen Guss. Auch verwendet man Germanium für den gleichen Zweck.
Leider haben diese Beimengungen, ob sie nun einzeln oder kombiniert eingesetzt werden, alle sehr nachteilige Folgen für die Legierungen: Sie verursachen eine ungewöhnlich großes Wachstum der Kristalle. Jedoch ist das für die Lohngießereien von untergeordneter Bedeutung, weil sie immer nur ein Ziel vor Augen haben, nämlich eine akzeptable Gussqualität.
Wenn da nicht die Folgen der bösen Tat wären: Silizium oxidiert zu Siliziumdioxid, oder besser bekannt als Quarz. Da diese winzigen Quarzbestandteile nicht sichtbar sind, auch sie werden an den Korngrenzen der Kristalle abgelagert, verursachen sie die berüchtigten Erscheinungen eines morschen Gusses. Quarz ist nun mal nicht duktil und wenn er sozusagen als „Mörtel“ im Mauerverband der Kristalle fungiert, ist ein späterer Bruch an den Kristallgrenzen des jeweiligen Materials, die unausbleibliche Folge. Aus diesem Grund sind die Lohngießereien daran interessiert, möglichst viel Gewicht, zusätzlich zu dem eigentlichen Guss auszuliefern. Das erspart Scheidekosten, denn spätestens nach dem dritten Schmelzprozess, sind derartige Legierungen „aufarbeitungsbedürftig“.
Aber es gibt noch einen schlimmen Feind der Goldlegierungen. Vor allem im Billigbereich anzutreffen, sind hohe Anteile von Zink (Spiauter). Dieses Metall wird den goldhaltigen Messingsorten, sowohl wegen der Farbe, was das Hauptargument ist, aber auch wegen der besseren Vergießbarkeit zugesetzt. Auch Zink wird aus den Kristallen während der Abkühlung herausgedrückt und bildet so um jeden Gold-Silber-Kupferkristall, einen Mantel aus Zink. Kommt nun ein wirksames Element ins Spiel, welches diese Zinkanteile verändert, entstehen Folgen für die Legierung. In unserem Fall unangenehme und tödliche Folgen für das jeweilige Schmuckstück, denn das wirksame Element ist Chlor. Eines der radikalsten und aggressivsten Elemente. Vorhanden in fast allen Nahrungsmitteln, in der Magensäure an Wasser gebunden – Chlor gibt es einfach fast überall. Und es ist wichtig für Lebewesen, in bestimmten Konzentrationen als freies Element, wird es jedoch zu einem schlimmen Gift. Auch für Metalle. Chlor verbindet sich mit Zink zu Zink-Chlorid, ein Stoff, dem alle metallischen Eigenschaften abgehen. Ist das geschehen, ist eine Zinkhaltige Legierung nicht mehr zu retten.
Der absolute GAU ist es jedoch, wenn sich in siliziumhaltigen Gusslegierungen, auch hohe Mengen an Zink befinden, wie das in fas allen niederkarätigen Goldlegierungen der Fall ist. Dann kann, je nach Trägerin oder Träger, im Extremfall die Lebensdauer eines Schmuckstückes nach Stunden oder Tagen bemessen werden.
Allerdings ist dies der Industrie völlig egal, denn sie ist nur an der guten Vergießbarkeit der Materialien und der momentanen Beschaffenheit der hergestellten Erzeugnisse interessiert. Im wahrsten Sinne des Wortes also: Nach mir die Sintflut. Dabei geht es auch anders, aber das ist eben auch teurer!

Wieder mal ein langer Text geworden - sorry:-)
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #33
Sehr schön aufgedröselt. Eine Reinigungsmethode kenne ich noch von früher, die auch das Kupferoxydul entfernt hatte (nebenbei), das war: nascierendes Chlor in die Schmelze blasen.

Im Schmelztiegel mit Gold oder Silber wurde Hexachloräthan (berüchtigt als Schwiegermuttergift weil man es nicht schmeckt) in eine kleine Bohrung eines Graphitstabes gepresst und dieser dann schnell in die Schmelze gestoßen. Durch die Hitze zerlegt sich die Chemikalie und blubbert als Gas hoch, ein Teil wird gelöst und reagiert dann so ziemlich mit allem was nicht in der Schmelze bleiben soll und steigt dann zur Oberfläche.

Die Chlorgase sorgen dann in der Umgebung des Ofens für kräftigen Rostbefall und beim Einatmen für Immunisierung gegen Schnupfen. :-)
Silberfrau
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Silberfrau

 ·  #34
Ich hätte jetzt gedacht, dass im Schmelzofen weniger Gase in die Schmelze gelangen, weil man ja nicht ständig mit der Flamme hineinpustet, die Wärme indirekt zugeführt wird. Dennoch habe ich hier fast mehr Probleme mit den kleinen Poren. Woran kann das liegen?
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #35
Silberfrau
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Silberfrau

 ·  #36
Elektrisch.
Raumluft.
Manchmal etwas feuchtere Keller-Raumluft.
Aber normal normale Raumluft.
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #37
Weitere mögliche Ursachen:
1. Bereits gasporöses Silber verwendet. Das schmilzt auf, löst die Gase und gibt sie als Poren im Guss wieder ab.
2. Feuchtes (nur durch Raumluft gezogene Feuchte) Borax auf die bereits flüssige Schmelze geworfen. (Wasser dissoziiert und der nascierende Wasserstoff wird von der Schmelze aufgesogen)
Silberfrau
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Silberfrau

 ·  #38
Punkt 1. Möglich, aber immer unterschiedliche Reste. Was halt gerade so anfällt. Kann es sein, dass ich zu heiß ausgieße?

Punkt 2. Aus genau diesem Grunde habe ich vor einiger Zeit mein altes Borax eben entsorgt und mir neues gekauft.
Heinrich Butschal
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Heinrich Butschal

 ·  #39
Zitat geschrieben von Silberfrau
Punkt 1. Möglich, aber immer unterschiedliche Reste. Was halt gerade so anfällt. Kann es sein, dass ich zu heiß ausgieße?
Am Ausiessen wird es nich leigen an Resten schon weil ja ein Stück reicht um eine Charge zu versauen.
Zitat geschrieben von Silberfrau


Punkt 2. Aus genau diesem Grunde habe ich vor einiger Zeit mein altes Borax eben entsorgt und mir neues gekauft.
Das wäre nicht nötig gewesen ein mal für eine Stunde im Backofen bei 150°C und dann in einer luftdichten Box oder Tüte und das Problem wäre erledigt gewesen.
Silberfrau
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Silberfrau

 ·  #40
Wusste ich nicht
Zitat
Am Ausiessen wird es nich leigen an Resten schon weil ja ein Stück reicht um eine Charge zu versauen.
Das Blöde ist, ich weiß immer nicht an welchem :kratz:
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