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Gemme, Kamee und Siegelring erfahren eine Renaissance

Eyecatcher der besonderen Art sind Schmuckketten mit einem Anhänger. Fast automatisch schweift der Blick des Betrachters auf dieses „Auge“ zu, das eine Münze oder ein Edelstein sein kann. Modern aufgepeppt oder galant geschliffen erobern die Schmuckstücke unserer Vorfahren die Glamourwelt wieder zurück.

Gemme oder Kamee - wie heißt es richtig? Beide Begriffe werden oft verwechselt. „Gemme“ ist zunächst der Oberbegriff für Kamee und Intaglio. Früher wurde jeder geschnittene Stein, der gern für einen Siegelring gewählt wird, als Gemme bezeichnet. Das Wort kommt aus dem Lateinischen und meint die Knospe am Rebstock, welche nicht selten die Ausstrahlung eines Auges hat. Die ältesten Steinschnitte entstanden bereits im Fünften bis Dritten Jahrtausend vor Christi. Meister der Schneidekunst waren vor allem Ägypter, Perser, Assyrer und die Griechen. Sie alle stellten sehr hochwertigen Schmuck her. Die Ägypter liebten besonders das Motiv des Skarabäus. Eigentlich ein ganz gewöhnlicher Mistkäfer, der jedoch als Sinnbild des Sonnengottes hoch gepriesen wird. Für welches Motiv man sich auf den Schmucksteinen entschied, war von Tendenzen in der Religion sowie dem Geschäfts- und Alltagsleben abhängig. Es konnten Schutzheilige, Götter der griechischen und römischen Sagenwelt sein. Sakrale Themen hatten sogar eine dominierende Stellung. Nach Christi Geburt orientierten sich die Hersteller von Gemmen an orientalischen Religionen und Kulturen in der westlichen Welt. Glaube und Aberglaube, die persönliche Hoffnung auf positive Veränderungen wie Glück, Erfolg und Sieg: Eine Gemme ist ein schmückender Talisman, mit dem man sich vor Unglück, Elend oder Tod schützen möchte.

Wehrt den bösen Blick ab

Bei einer Kamee wird der Hintergrund des Bildes weg geschnitten, so dass das Motiv wie ein Relief aus dem übrigen Stein heraus ragt. Dieser Steinschnitt wird aus Lavagestein oder einer Molluskenschale hergestellt. Aufgrund unterschiedlicher Stein-Farbschichten hebt sich der erhöhte Teil immer etwas heller vom tieferen Teil ab. Im Vergleich zu Gemmen haben Kameen meist repräsentativen Charakter, welche in Diademe, Ohrgehänge, Hals- und Brustketten eingearbeitet wurden. Selbst für Kästchenbeschläge und die Ausschmückung von Wohnräumen konnte man sie geschickt in Szene setzen. Ihre „Aufgabe“ war es, den „bösen Blick“ abzuwehren. Seit dem 4. Jahrhundert vor Christi sind Kameen bekannt; eine Renaissance und Blütezeit erlebten sie im 17. und 18. Jahrhundert. Die meisten„negativ“ geschnittenen Edelsteine werden in Italien maschinell mit Lasern gefertigt und zu erschwinglichen Preisen, etwa ab 200 Euro, angeboten. Hauptabnehmer sind Japaner, die klassische Motive bevorzugen, wie griechische Frauenköpfe, Kleopatra oder Figuren aus der Oper. Unter Intaglio versteht man einen vertieft geschnittenen Edel- oder Halbedelstein, in den ein Bildmotiv eingearbeitet wird, für den man das Steinmaterial der Quarzgruppe wie Chalzedone verwendet.

Imitationen aus Glas

Imitationen von Gemmen und Kameen sind aus Glas gegossen. Diese Glaspasten besitzen ähnliche Farben und Formen von Edel- und Halbedelsteinen wie Onyx, Karneol und Chrysopras, jedoch entwickeln sich stets neue interessante Farbvariationen, die von Steinen nicht erreichbar sind. Zwei Grundtypen dieser Produkte aus Italien sind zu unterscheiden: Pasten mit einer rauen Bildfläche zeigen auf der Rückseite Spuren, die von einem Gegenstand herrühren, mit dem die Masse in eine Form eingedrückt war. Bei der anderen Paste handelt es um eine sehr glatte Bildschicht, deren Rückseite rau und dicht gepresst war. Die Imitate sind manchmal so hochwertig verarbeitet, dass nur Fachleute sie als Glas identifizieren können.

Innere Verbundenheit

Was für die Dame eine Gemme oder Kamee, ist für den Herrn der Siegelring - ein schmuckvolles Erinnerungsstück. Eigentlich kann ihn jedermann tragen. Die Grenzen des guten Geschmacks sollten hier aber besonders gewahrt werden, denn ein Siegelring vermittelt zeitlose Eleganz, und der Träger zeigt, dass er sich mit der eigenen Tradition sehr verbunden fühlt. Als Familienwappen und Bestandteil des Namensrechts, durch direkte Abstammung legitimiert, wurde er vor allem vom Adel getragen, um den eigenen Stand nach außen hin zu repräsentieren. Als Bildmotive wählte man Initialen in Gold oder Platin, Ornamente, Phantasiewappen oder figürliche Darstellungen. Siegelringe haben eine Gravur, die nur in einer Richtung lesbar sind. Er wird am Ringfinger so getragen, dass das Bild für den Betrachter erkennbar ist. Das Tragen am Daumen, wie es auf Portraits aus dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit zu sehen ist, gehört sich nicht mehr.

Seinen eigentlichen Wert bestimmt der Träger selbst. Er beschäftigt sich intensiv mit dem von ihm ausgewählten Edelstein oder Edelmetall und überlegt sich private Worte oder eine Symbolik für eine Gravur. Für schmale Modelle verwenden Fachleute am liebsten die Steine Carneol, Lapis-Lazuli, Rhodolith oder eine Goldplatte. Für breite Ringe nehmen sie überwiegend Turmalin und Jaspis und für massive Modelle Lagenstein. Anderswo kennt man der Ring mit dem Siegel als Schul- oder Vereinswappen oder College Ring und ist bedeutendes Überbleibsel alten Brauchtums. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren grafisch anspruchsvoll umgesetzte Familienwappen oder Monogramme Ausdruck einer lebendigen Tradition. Sie illustrieren die persönliche Geschichte der Familie, zierten Dinge des normalen Lebens wie Interieur, Tischwäsche oder Wertobjekte, die an spätere Generationen weitergegeben wurden. So pflegte man Beständigkeit mit der eigenen Familie.

Siegelringe haben eine lange Tradition. Es gab Städtesiegel und spezielle Siegel, die den Kaisern, Königen, dem Adel, der höheren Geistlichkeit und Päpsten vorbehalten waren. Normale Bürger durften erst seit dem 13. Jahrhundert Siegel tragen. Diese Ringe wurden gut verwahrt, um jeden Missbrauch auszuschließen. Adlige nutzten gern das Symbol des Reiters. Fischerring nennt man übrigens den päpstlichen Siegelring. Behütet und gepflegt wie ein Schatz ist jeder Ring einmalig und einzigartig. Er wird in feiner Handarbeit von Juwelieren angefertigt und von Künstlern liebevoll graviert.

Archivbeitrag 20.07.2011
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