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Bilderuhren: Preise haben sich teilweise verzehnfacht - Gemälde mit Tick

Kaiserwetter in der Hauptstadt der k&k-Monarchie. Ein makellos blauer Himmel wölbt sich über Wien, durch die hohen Fenster der Hofburg flutet das Sonnenlicht in das Arbeitszimmer seiner Majestät. Die Stimmung von Franz I. scheint das allerdings nicht zu heben. Mit ernster Miene sitzt der Monarch an seinem Schreibtisch und studiert Unterlagen. Es ist Vormittag, 10.10 Uhr. Das zeigt jedenfalls die Uhr über dem Fenster des kaiserlichen Büros. Doch während die Zeit in diesem Bild stehen geblieben scheint, läuft die Uhr weiter. Vorausgesetzt, sie wurde aufgezogen. Denn es handelt sich um keinen gemalten, sondern um einen echten Zeitmesser, der in das Gemälde integriert wurde. Die Bilderuhr mit Kaiser Franz I. am Schreibtisch in der Hofburg aus dem Jahr 1830 gehört zu den Highlights des Wiener Uhrenmuseums.

Bilderuhren aus der verspielten Zeit des Biedermeier sind gewiss nicht nach dem Geschmack aller Sammler von außergewöhnlichen Zeitmessern. Wer aber ein gesuchtes Werk von einem bekannten Künstler besitzt, nennt möglicherweise einen wertvollen Schatz sein Eigen. "Die Nachfrage nach Bilderuhren ist groß und international. Die Preise reichen je nach Motiv bis zu 70.000 Euro", weiß Peter Hüttler, Experte des Auktionshauses Dorotheum.

Dass die meisten gesuchten Bilderuhren aus Österreich stammen, kann nicht überraschen. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die talentiertesten Uhrmacher nicht zuletzt mit deutlichen Steuererleichterungen nach Wien gelockt. Dort arbeiteten sie dann mit Künstlern und Handwerkern aus anderen Bereichen zusammen. So entstanden zum Beispiel die Laterndluhren mit ihren aufwändigen Gehäusen als typische Repräsentanten des Biedermeier - und eben die Bilderuhren. Dabei handelt es sich um Gemälde, in die an geeigneten Stellen Uhren integriert wurden. Meist entdeckt man diese Zeitmesser aber erst auf den zweiten Blick. Zum Beispiel in einem Kirchturm oder einem anderen Gebäude. International gefragt sind diese Kunstwerke allerdings nur, wenn sowohl die Qualität des Bildes als auch die Finessen des Uhrwerks faszinieren. Eine schlichte Zweizeiger-Uhr dürfte potenzielle Käufer kaum überzeugen. Meist wurden die Uhrwerke mit einem Wiener Vierviertel-Schlag auf Tonfeder und Repetition ausgestattet. In manche Bilderuhren integrierte man darüber hinaus Spielwerke, die zu jeder vollen Stunde eine Melodie erklingen lassen. "Dabei gilt: Je mehr Schlagwerke und Musik, desto besser", sagt Peter Hüttler. Beliebt seien Handwerksszenen, geschichtliche Ereignisse und berühmte Persönlichkeiten gewesen. Bilderuhren aus Belgien, Frankreich und der Schweiz zeigten hingegen überwiegend Landschafts- und Dorfszenen mit in Türmen integrierten Zifferblättern.

Neben den technischen Finessen von Uhr-, Schlag- und Spielwerk entscheidet die Technik der Malerei über den Wert von Bilderuhren. Werke aus Österreich zum Beispiel wurden immer auf Eisen oder Kupferblech gemalt, die meisten anderen auf Leinwand. Auch dieser Untergrund entscheidet über den Wert eines solchen Kunstwerks. Bilderuhren, deren Motive auf Kupferblech gemalt wurden, sind in der Regel teurer. Dafür ist Kupferblech beständiger gegen Korrosion.

Die Preise für gesuchte Bilderuhren haben sich in den zurückliegenden 25 Jahren teilweise mehr als verzehnfacht. Weit überdurchschnittlich stiegen die Bilderuhren des einstigen Glasmalers C. L. Hoffmeister (gelegentlich auch "Hofmeister" geschrieben). Werke mit der Signatur dieses Meisters verzeichnen seit einiger Zeit Spitzenpreise. Für eine Wiener Biedermeier-Bilderuhr mit Spielwerk aus dem Jahr 1826, die einen Blick auf Wien zeigt mit einem in den Turm des Stephansdoms integrierten Werk, mussten vor einiger Zeit fast 32.000 Euro gezahlt werden. Und eine Bilderuhr, die den Dom von Maria Zell zum Motiv hat, in dessen Kirchturm sich ein Uhrwerk mit Spindelhemmung befindet, wurde bei einer Auktion im Dorotheum erst bei über 28.000 Euro zugeschlagen. Der neue Besitzer bekommt nun dank des integrierten Walzenspielwerks abwechselnd den Viktoriawalzer und den Mayländer Krönungswalzer zu hören.

"Die Musikspielwerke wurden von spezialisierten Herstellern in allen Qualitätsstufen zugekauft. Zu erwähnen sind unter anderem Olbrich und Einsiedl in Wien sowie Rzebitschek in Prag", sagt Experte Peter Hüttler. Signiert worden seien nur Bilderuhren von herausragender Qualität. Und nur die bergen Wertsteigerungspotenzial.

Im Grunde ist es ganz einfach: Als Investment kommen eigentlich nur Bilderuhren mit der Signatur von C. L. Hoffmeister in Betracht. Alles andere ist zweit- und drittklassig, somit als Kapitalanlage ungeeignet. Allerdings hat der Meister nicht bei allen sogenannten Hoffmeister-Uhren selbst Hand angelegt. Manche Exemplare wurden vielmehr von seinen Schülern angefertigt. Nur Bilderuhren, die ausschließlich von Hoffmeister gemalt wurden, tragen seine Signatur. Darauf sollten Sammler und Investoren sehr genau achten, denn während die Experten bei gesuchten und signierten Hoffmeister-Werken nach wie vor von einer weiteren Preissteigerung ausgehen, ist bei mittleren Qualitäten kein nennenswerter Wertzuwachs mehr zu erwarten. Da muss dann der Besitzerstolz die ausbleibende Rendite ersetzen.

Bilderuhren - Tickende Kunstwerke

Zeit: Die meisten Bilderuhren entstanden zwischen 1800 und 1865 in Österreich, der Schweiz, Frankreich und Belgien.

Besonderheit: Gemälde mit subtil integrierten Uhren, meist mit Schlag- und Musikspielwerk, manchmal sogar mit zusätzlichen Automaten, zum Beispiel beweglichen Figuren oder Windmühlen.

Regionale Unterschiede: Österreichische Bilderuhren wurden immer auf Eisen oder Kupferblech gemalt, alle anderen auf Leinwand.

Preistreiber: Die Bilderuhr sollte von einem anerkannten Meister signiert sein, am besten von C.L. Hoffmeister. Ein Musikwerk neben dem Uhr- und Schlagwerk wirkt sich ebenfalls potenziell wertsteigernd aus. Gleiches gilt für Bilder, die auf Kupferblech gemalt wurden.

Bezugsquellen: Vor allem über die großen internationalen Auktionshäuser. In der Regel werden immer nur wenige Einzelstücke während Uhrenauktionen versteigert.

Titel-/Beitragsbild:
Wiener Biedermeier-Bilderuhr mit Spielwerk. Blick auf Wien von der Ferdinandsbrücke Richtung Kahlenberg, signiert und datiert C.L. Hoffmeister, Wien 1826. Öl auf Metall, gemaltes Zifferblatt im Turn des Stephansdomes, Wiener 4/4 Stundenschlagwerk auf Tonspiralen, Walzerspielwerk mit zwei Melodien, im jahr 2006 versteigert für 31.720 Euro.


Wiener Biedermeier-Bilderuhr "Vue de la Ville de Paris". Öl auf Blech, signiert C.L. Hoffmeister, 1827, versteigert 2012 für 13.720 Euro.


Wiener Biedermeier-Bilderuhr "Dresden" von C.L. Hoffmeister, Gangdauer 8 Tage, Spindelhemmung, rückseitiges Kurzpendel, Emailezifferblatt, 1827, versteigert 2012 für 13.720 Euro.

Michael Brückner

Bilder: Dorotheum

Archivbeitrag 10.12.2012
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